Wie kommen wir aus dem alten Trott unseres Lebens heraus, wie finden wir neues, ewiges Leben?
Wie kommen wir aus dem alten Trott unseres Lebens heraus, wie finden wir neues, ewiges Leben?
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
zum 4. Fastensonntag, 30.März 2003,
(Joh 3, 14-21)
Manche Gespräche kann man besser in der Nacht führen, wenn es draußen und drinnen still geworden ist, wenn der Wirbel des Tages sich gelegt hat. Dann gelingt es gelegentlich, ganz Wichtiges und Wesentliches zur Sprache zu bringen, tiefer zu gehen als es im Alltag möglich ist.
Zu einem solchen Gespräch kam eines Nachts der Ratsherr Nikodemus zu Jesus. Kam er zu so später Stunde weil er fürchtete, gesehen und kritisiert zu werden, dass er mit diesem umstrittenen Jesus aus Galiläa Kontakt habe? Oder ging es ihm um die Stille der Nacht, in der er hoffen konnte, in aller Ruhe seine tiefsten Fragen Jesus vorlegen zu können? Vielleicht waren es beide Gründe die ihn bewegten, wie ja auch wir oft aus verschiedenen Gründen handeln.
Sicher ist, dass Jesus in dieser „Nikodemusstunde“ (so nennen wir ja heute noch solche sehr persönlichen Nachtgespräche) tief in sein eigenes Lebensgeheimnis hineinblicken lässt. Im ersten Teil des Gesprächs (den wir heute nicht hören) stellt Jesus von Anfang an klar: Um ans Ziel des Lebens, das „Himmelsreich“, zu kommen, muss man „von oben“ neu geboren werden. Nikodemus versteht das erst nicht. Ein Erwachsener kann doch nicht nochmals Baby, ja Embryo werden. Trotz seiner Gelehrtheit hat der nächtliche Gast nicht begriffen, was Jesus meint. Es geht um eine Wiedergeburt, nicht um möglichst lang auf dieser Erde leben zu können, sondern um ein Leben zu bekommen, das kein Tod zerstört. Jesus sagt dem Nikodemus, dass „ewiges Leben“ und der Himmel nur zu gewinnen sind, wenn wir durch eine neue Geburt gehen.
Hier setzt nun das heutige Evangelium ein, der zweite Teil des Nachtgesprächs. Wie kommen wir aus dem alten Trott unseres Lebens heraus, wie finden wir neues, ewiges Leben? Jesus sagt es mit einem Bild aus der Bibel: Einmal waren die Juden auf ihrer vierzigjährigen Wanderschaft durch die Wüste besonders rebellisch gegen Gottes Wege. Da kam eine Giftschlangenplage über sie. Viele starben. Da machte Mose eine Metallschlange und hing sie auf. Wer zu ihr hinaufblickte wurde geheilt.
So sollen nun auch wir es tun, rät Jesus dem Nikodemus. Wenn Er einmal am Kreuz oben hängen wird, dann sollen wir zu ihm aufschauen, und dieser Blick wird uns heilen und neu lebendig machen.
Zum Kreuz aufschauen! Wie oft ist dadurch Frieden in die unruhigen Herzen gekommen, Trost in die Verzweiflung, Reue und Bereitschaft aufzustehen, neu anzufangen, weiterzugehen! Viele werden das aus eigener Erfahrung bestätigen können.
In diesem Nachtgespräch erfahren wir aber auch den Grund, warum es so sehr hilft, auf den Gekreuzigten zu schauen. In einem der schönsten Worte, die Jesus gesprochen hat, sagt er dem Nikodemus und durch ihn allen: Gott liebt die Welt so sehr, dass er für sie alles tut, selbst sein Kostbarstes, seinen Sohn, gibt er für uns. Darin zeigt sich, dass Gott uns nicht richten, sondern retten will. Wer das weiß und glaubt, den wird die Finsternis nicht packen, wenn alles dunkel und schwer ist. Jesus sagt seinem nächtlichen Besucher: Glaube an diese Liebe! Sie ist stärker als alles, .... selbst als der Tod!
SourceURL:file://localhost/Users/moritz/Desktop/Evengelienkomm%20EB_Krone/03_03/evangkomm_300303.doc
Aber an die Liebe glauben, das heißt auch dementsprechend handeln. Jesus sagt das dem Nikodemus mit dem überraschenden Wort: „die Wahrheit tun“. Worte allein genügen nicht, Liebe muss sich im Tun zeigen. Wenn Gott so viel für uns getan hat, dass er selbst Mensch geworden ist, um uns nicht zugrunde gehen zu lassen, dann müssten auch wir ehrlich und ernsthaft so viel für einander übrig haben, wie es Gott für uns hat.
Wir sollten uns in der Fastenzeit gelegentlich selber für eine solche Nikodemusstunde in der Stille der Nacht Zeit nehmen
In jener Zeit sprach Jesus zu Nikodemus:
Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden,damit jeder, der an ihn glaubt, in ihm das ewige Leben hat.
Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.
Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.
Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat.
Denn mit dem Gericht verhält es sich so: Das Licht kam in die Welt, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse.
Jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden.
Wer aber die Wahrheit tut, kommt zum Licht, damit offenbar wird, dass seine Taten in Gott vollbracht sind.