So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!
So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 29. Sonntag im Jahreskreis, 16. Oktober 2005,
(Mt 22,15-21)
Es hat sich nicht viel geändert. Bis heute versuchen wir (ich hoffe, Sie, lieber Leser, sind die erfreuliche Ausnahme!), dem Anspruch Jesu auszuweichen. Seine Forderungen sind unbequem, sein Weg ist nicht die breite, flache Straße. Wer zu ihm und seinem Evangelium Ja sagt, muss sein Leben ändern. Und das ist schwer. Zumal wenn wir den Eindruck haben, bei uns sei eh alles in Ordnung.
Bei den Pharisäern war das der Fall. Sie bemühten sich wirklich um ein anständiges Leben, um Frömmigkeit und Erfüllung der Gebote Gottes. Warum sollten sie sich ändern? Die anderen, die Unfrommen sollten sich ändern! Sie fühlen sich von Jesus provoziert. Ihre Reaktion ist typisch für das, was der „Erfinder“ der Psychoanalyse, Sigmund Freud, die „Verdrängung“ nannte. Sie wollen nicht ihr Leben kritisch befragen lassen, sie wollen Jesus loswerden. Bei ihm, nicht bei sich selbst suchen sie die Fehler. Und damit versuchen sie, Gründe zu finden, um ja nicht an ihn glauben zu müssen.
Angriff ist die beste Verteidigung. Eine Falle stellen, keine harmlose, sonder eine lebensgefährliche! Steuern zahlen war nie beliebt. Damals war es verhasst, denn die feindlichen Besetzer des Landes, die Römer, kassierten die Steuererträge, aus denen dann wieder die Kosten für die Besatzungsmacht bezahlt wurden. Wer Steuern zahlt, finanziert die eigene Unfreiheit. Also forderten die Radikalen dazu auf, keine Steuern an den Kaiser abzuliefern. Das aber hieß Rebellion, Aufstand gegen die mächtigen Römer.
Die Falle wird geschickt gestellt. Ein unglaubliches Lob für Jesus: Unbestechlich sagt er die Wahrheit, kompromisslos lehrt er Gottes Willen. Also, sage uns, Meister: Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen, oder nicht? Wird Jesus ihnen in die Falle tappen? Sagt er Nein, dann ist er ein Rebell gegen den Kaiser, ein Volksaufwiegler. Dann können sie ihn den Römern verraten, und die werden ihn beseitigen wie viele andere Aufrührer zuvor. Sagt er Ja, dann ist er ein „Kompromissler“, der Gott nicht die Treue hält, nur um seine Ruhe zu haben.
Wie oft gibt es solche Situationen, Zwickmühlen, in denen jeder Zug ins Verderben führt: Soll ich kompromisslos bei der Wahrheit, der Gerechtigkeit bleiben, auf die Gefahr hin, meine Chancen in Beruf und Familie zu verlieren, oder soll ich Kompromisse machen und mir selber untreu werden? Soll ich mich als Geschäftsmann christlich verhalten, auch zu meinem Nachteil, oder soll ich „mit den Wölfen heulen“ und so als Christ und Mensch unglaubwürdig werden? Wer hat solche Situationen im Lauf des Lebens nicht schon erlebt?
Die „Lösung“ Jesu ist seit Jahrhunderten bewährt. Dem Kaiser gib, was ihm gehört. Christen zahlen ihre Steuern (nicht blindlings, aber auch ohne zu betrügen). Christen sagen Ja zum Staat. Sie sind bemüht, ehrliche Bürger ihres Landes zu sein. „Und gebt Gott, was Gott gehört.“ Gott steht über dem Kaiser, über dem Staat, über Wirtschaft und Politik. Ihm gebührt der erste Platz. Deshalb gilt auch: Der Mensch gehört zuerst Gott, und dann erst dem Staat. Das macht frei und verantwortlich zugleich. Wer Gott den ersten Platz gibt, wird es im Leben nicht leicht haben. Aber er wird sich nicht so leicht „unterkriegen“ lassen von dem, was einem das Leben schwer macht.
In jener Zeit kamen die Pharisäer zusammen und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen.
Sie veranlassten ihre Jünger, zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu gehen und zu sagen: Meister, wir wissen, dass du immer die Wahrheit sagst und wirklich den Weg Gottes lehrst, ohne auf jemand Rücksicht zu nehmen; denn du siehst nicht auf die Person.
Sag uns also: Ist es nach deiner Meinung erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?
Jesus aber erkannte ihre böse Absicht und sagte: Ihr Heuchler, warum stellt ihr mir eine Falle? Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt! Da hielten sie ihm einen Denar hin.
Er fragte sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie antworteten: Des Kaisers.
Darauf sagte er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!