Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.
Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 3. Adventsonntag, 11. Dezember 2005,
(Joh 1,6-8.19-28)
Schon ist der 3. Adventsonntag da. Er wird „Laetare“ genannt, nach dem ersten Wort des heutigen Sonntagsgottesdienstes: „Freut euch (lateinisch: laetare) im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich euch: Freut euch! Denn der Herr ist nahe.“ Dieser Zuruf stammt von Paulus, aus seinem Brief an die Christengemeinde in Philippi in Griechenland. Die Kirche wiederholt diese Ermutigung, weil Weihnachten nahe ist.
„Der Herr ist nahe.“ Für den Apostel Paulus war dieses Wort voller Leben. Er hatte auf dem Weg nach Damaskus erfahren, dass Jesus ihm nahe war. Ihm, dem fast fanatischen, überzeugten Kirchenhasser und Christenverfolger, war plötzlich Jesus erschienen. „Saul, warum verfolgst du mich?“ - „Wer bist du, Herr?“ - „Ich bin Jesus, den du verfolgst.“
Seit dieser ihn wirklich umwerfenden Begegnung mit Jesus konnte Paulus nie mehr anders als überall zu sagen: Der Herr ist nahe. Was man selber erlebt hat, davon kann man glaubwürdig sprechen. Viele haben dem Paulus „abgenommen“, was er erzählte. Dass die Erfahrung, die Paulus gemacht hatte, „passte“, gut und positiv war, konnten die Menschen nicht nur an seinen Worten erkennen, sondern vor allem an seiner Freude. Jesus hat sein Leben verändert; das war an der Freude zu spüren, die er ausstrahlte. Jesus war ihm nahe, das war der Grund für seine „ansteckende“ Freude.
Heute ist aber von einem anderen die Rede, der dasselbe auf dem Herzen hat. Johannes, der Täufer, der Verwandte Jesu, sein „Vorläufer“. Er hat den Menschen nur diese eine Botschaft zu sagen: Der Herr ist nahe. Sein Beruf ist es, „Wegweiser“ zu sein. So stellt ihn die Kunst oft dar: ein hagerer Asket, dessen Zeigefinger auf Jesus hinweist. „Seht, das Lamm Gottes“, hatte er zu seinen Schülern gesagt, als sie einmal Jesus vorbeigehen sahen.
Heute stellt er sich selber vor. Mann fragt ihn, wer er denn sei, was er über sich selber zu sagen hat. Eigenartig, wie er das tut. Er spricht von sich, indem er nur von sich selber wegweist.
„Ich bin es nicht!“ Es geht nicht um mich. Ich bin nicht das Licht, ich darf euch das Licht zeigen. Ich bin nicht der erhoffte Prophet, der erwartete Erlöser. Ich weise nur auf ihn hin, der schon ganz nahe ist. Ich bin die Stimme in der Wüste, die euch zuruft: Bereitet dem Herrn den Weg, er ist im Kommen. Auf Ihn kommt es an, nicht auf mich. Meine Aufgabe ist es, euch auf Ihn vorzubereiten. Es geht nicht um mich, sondern um Ihn. Er ist wichtig, Ihn braucht die Welt, Ihm will ich den Weg zu den Herzen der Menschen bereiten.
Einmal hat Johannes gesagt: „Er muss wachsen, ich muss abnehmen.“ Seine Freude war es, nicht selber der Mittelpunkt zu sein: „Mitten unter euch steht der, der nach mir kommt. Ich bin nicht würdig, ihm die Schuhbänder zu öffnen.“ Über seine Nähe freut er sich.
Es gibt eine ganz einfache Methode, wie wir die Freude des Advents einüben können. Ich habe sie selber oft erprobt. Sie bewährt sich immer. Statt mich selber wichtig zu machen, statt meine Leistungen, Verdienste zu unterstreichen, versuche ich, andere hervorzuheben, sie in die Mitte zu rücken, von ihnen Positives zu sagen. Es zeigt sich mir immer wieder, dass das Freude macht, ein gutes Klima schafft. Es hilft mir, weniger um mich selber zu kreisen, die anderen besser wahrzunehmen, und das bringt Freude.
„Nicht ich bin es“, auf Ihn kommt es an, Jesus, den Herrn, der nahe ist. Wenn ich die anderen mehr gelten lasse, weniger mich und mehr sie in die Mitte rücke, dann kommt fast von selber auch Jesus mir näher - und mit Ihm die Freude.
Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes.
Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen.
Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.
Dies ist das Zeugnis des Johannes: Als die Juden von Jerusalem aus Priester und Leviten zu ihm sandten mit der Frage: Wer bist du?, bekannte er und leugnete nicht; er bekannte: Ich bin nicht der Messias.
Sie fragten ihn: Was bist du dann? Bist du Elija? Und er sagte: Ich bin es nicht. Bist du der Prophet? Er antwortete: Nein. Da fragten sie ihn: Wer bist du? Wir müssen denen, die uns gesandt haben, Auskunft geben. Was sagst du über dich selbst?
Er sagte: Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn!, wie der Prophet Jesaja gesagt hat. Unter den Abgesandten waren auch Pharisäer.
Sie fragten Johannes: Warum taufst du dann, wenn du nicht der Messias bist, nicht Elija und nicht der Prophet?
Er antwortete ihnen: Ich taufe mit Wasser. Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt und der nach mir kommt; ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren.
Dies geschah in Betanien, auf der anderen Seite des Jordan, wo Johannes taufte.