Nicht Bedürfnisbefriedigung durch Ihn, sondern Herzensbindung an Ihn. Letztlich geht es darum: Gott zu lieben, nicht nur Ihn zu gebrauchen.
Nicht Bedürfnisbefriedigung durch Ihn, sondern Herzensbindung an Ihn. Letztlich geht es darum: Gott zu lieben, nicht nur Ihn zu gebrauchen.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 17. Sonntag im Jahreskreis, 30. Juli 2006,
(Joh 6,1-15)
„Was ist das für so viele!“ Wie gut kann ich Andreas, den Apostel, den Bruder des Petrus verstehen! Da sind sie: fünftausend Männer, Frauen und Kinder nicht gezählt. Ein einsamer Ort am See Genezareth, am See von Galiläa (Gott gebe, dass in diesem von Krisen geschüttelten Teil der Welt wieder Friede wird!). Woher Brot nehmen für so viele? Die Apostel hatten kaum eigenen Proviant mitgebracht. Und die dürftigen fünf Gerstenbrote und zwei Fische - lachhaft, damit Tausenden genug zu essen zu geben.
Und doch geschieht es. Es ist keine Märchenerzählung. Alle haben es gesehen. Unbestreitbar hat ein Wunder stattgefunden. Alle bekommen genug, reichlich genug zu essen. Sorgfältig werden die Reste eingesammelt, damit nichts verkommt und weggeworfen wird – zwölf ganze Körbe Brot bleiben übrig. Wenn ich daran denke, wie viel Brot heute täglich bei uns einfach weggeworfen wird, tut es mir im Herzen weh. Wehe uns, die wir mit dem Brot so umgehen!
Kein Zweifel: Ein Wunder ist geschehen, gut und glaubwürdig bezeugt. Aber wer glaubt, dass Wunder schon zum Glauben führen, den belehrt die Geschichte von der gewaltigen Brotvermehrung eines anderen. „ Als die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus getan hatte, sagten sie: Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll.“
Die Leute sind von Jesus begeistert. Wenn er Brot vermehren kann, dann vermag er auch sein Land und sein Volk zu befreien. Er wäre der richtige König für uns! Er soll uns anführen und das fremde Joch für uns abschütteln!
Jesus erkennt, was in den Leuten vorgeht. Er zieht sich zurück, entzieht sich ihrer Begeisterung. Er geht auf den Berg, um zu beten, er allein.
Wie die Geschichte weitergeht? An den kommenden Sonntagen werden wir sie lesen. Die Begeisterung schlägt schnell in Enttäuschung um. Jesus hat Brot gegeben. Er will mehr geben: sich selber. Das wunderbar vermehrte Brot war nur eine Andeutung, ein Hinweis auf ihn selber.
Er sagt den Leuten, als sie ihn in Kapharnaum wieder finden, auf den Kopf zu: es geht euch ums Brot, nicht um mich. Ihr wollt die Gaben, nicht den Geber. Ihr sucht Brot, nicht Gott. Das verstehen sie nicht. Viele wenden sich von Jesus ab. Immer mehr gehen weg. Selbst seine Jünger verlassen Ihn scharenweise.
Ich glaube, es ist bis heute nicht anders. Was erwarten wir von der Religion, vom Glauben? Hilfe im Leben und Trost in der Not, kurzum: etwas für uns. Und wenn wir es anderswo schneller und leichter finden, ist die Religion vergessen. Jesus will aber nicht nur etwas geben, sonder sich selber, eine Beziehung zwischen Ihm und uns, auf Dauer. Das ist echte Religion, wahrer Glaube. Nicht Bedürfnisbefriedigung durch Ihn, sondern Herzensbindung an Ihn. Letztlich geht es darum: Gott zu lieben, nicht nur Ihn zu gebrauchen.
Danach ging Jesus an das andere Ufer des Sees von Galiläa, der auch See von Tiberias heißt. Eine große Menschenmenge folgte ihm, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat.
Jesus stieg auf den Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern nieder. Das Pascha, das Fest der Juden, war nahe.
Als Jesus aufblickte und sah, dass so viele Menschen zu ihm kamen, fragte er Philippus: Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben? Das sagte er aber nur, um ihn auf die Probe zu stellen; denn er selbst wusste, was er tun wollte.
Philippus antwortete ihm: Brot für zweihundert Denare reicht nicht aus, wenn jeder von ihnen auch nur ein kleines Stück bekommen soll. Einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu ihm: Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; doch was ist das für so viele!
Jesus sagte: Lasst die Leute sich setzen! Es gab dort nämlich viel Gras. Da setzten sie sich; es waren etwa fünftausend Männer.
Dann nahm Jesus die Brote, sprach das Dankgebet und teilte an die Leute aus, so viel sie wollten; ebenso machte er es mit den Fischen. Als die Menge satt war, sagte er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrig gebliebenen Brotstücke, damit nichts verdirbt.
Sie sammelten und füllten zwölf Körbe mit den Stücken, die von den fünf Gerstenbroten nach dem Essen übrig waren. Als die Menschen das Zeichen sahen, das er getan hatte, sagten sie: Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll.
Da erkannte Jesus, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und zum König zu machen.
Daher zog er sich wieder auf den Berg zurück, er allein.