Jesus sagt: Gott allein sollst du anbeten. Er macht frei. Ihm dienen, macht niemanden zum Sklaven. Echt gläubige Menschen werden ganz frei.
Jesus sagt: Gott allein sollst du anbeten. Er macht frei. Ihm dienen, macht niemanden zum Sklaven. Echt gläubige Menschen werden ganz frei.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 1. Fastensonntag, 25. Februar 2007,
(Lk 4,1-13)
Es geht recht fromm zu in dieser Versuchung Jesu durch den Teufel, nach vierzig Tagen Fasten in der Wüste. Der Teufel zitiert dauernd die Bibel, macht "fromme Sprüche", beruft sich auf Gott. Und doch ist alles verlogen, was er vorbringt. Die ganze Geschichte ist eine einzige große Warnung vor dem Missbrauch der Religion. Wie wichtig ist das gerade heute, wo wieder im Namen der Religion blinde Gewalt und zerstörerischer Terror geübt werden! Manche sagen daher heute: Lasst uns in Ruhe mit der Religion, sie bringt nur Streit und Unfrieden! Deshalb hilft es, sich die drei Versuchungen Jesu genauer anzusehen und uns selber kritisch die Frage zu stellen, wie wir es denn mit der Religion halten.
Nach vierzig Tagen Fasten in der stillen Einsamkeit der Wüste, ist Jesu körperlich schwach und hungrig. Da tritt der Versucher an ihn heran: "Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden." "Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott", sagt ein Sprichwort, das oft verwendet wird und doch höchst fragwürdig ist. Mach etwas, tu etwas! Du bist doch Gottes Sohn! Zeig die Macht deiner Religion! Gott wird dich doch nicht hängen lassen!
Die Religion, die Frömmigkeit, ja Gott selber für die eigenen Zwecke verwenden wollen: Das ist eine Urversuchung aller "Frommen"! "Ungläubige" spüren das oft sehr genau bei den "Frommen", ob sie in der Religion sich selber suchen oder wirklich Gott. Das menschliche Herz ist immer versucht, alles auf sich selber zu beziehen, sogar die Religion.
Jesus antwortet mit der Bibel: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein." Brot ist lebensnotwendig, noch wichtiger zum (Über-)Leben ist das Gewissen, die Stimme Gottes in uns. Bert Brecht hat in einem seiner Theaterstücke gesagt: "Erst kommt das Fressen, und dann die Moral." In den KZ's und in den Gulags haben manche eine andere Erfahrung gemacht: Wer auch im Hunger sein Gewissen nicht verkauft und seinen Mithäftling nicht verraten hat, konnte überleben. Die seelische Stärke half dazu.
Die zweite Versuchung ist die der Macht: Alle Reiche der Welt kannst du haben, sie gehören ja mir. Du brauchst mich nur anzubeten. Das "Dritte Reich" war genau diese Versuchung. Die Nazis sangen: "Heute gehört uns Deutschland, und morgen die ganze Welt." Nicht von Gott wurde das Heil erwartet, sondern von Hitler. Aber die Versuchung der Macht kann auch ganz fromm daherkommen: durch Religion Macht über Menschen gewinnen wollen. Das gibt es im Islam, aber auch im Christentum. Jesus sagt: Gott allein sollst du anbeten. Er macht frei. Ihm dienen, macht niemanden zum Sklaven. Echt gläubige Menschen werden ganz frei.
Auch eine dritte Versuchung gibt es in der Religion: sich fangen lassen vom Traum einer fantastischen, "tollen" Kirche, die voll die "PR" benützt und bestens dasteht. Jesus ist den Weg des Kreuzes gegangen, verachtet, verspottet, ohne blendende Macht. Glaubwürdig war seine Kirche immer nur auf diesem Weg. Mit ihm muss sie immer neu in der Osternacht sagen: "Ich widersage dem Satan" und all seinem Spektakel und Gepränge!
Erfüllt vom Heiligen Geist, verließ Jesus die Jordangegend.
Darauf führte ihn der Geist vierzig Tage lang in der Wüste umher, und dabei wurde Jesus vom Teufel in Versuchung geführt.
Die ganze Zeit über aß er nichts; als aber die vierzig Tage vorüber waren, hatte er Hunger. Da sagte der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden.
Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot.
Da führte ihn der Teufel (auf einen Berg) hinauf und zeigte ihm in einem einzigen Augenblick alle Reiche der Erde. Und er sagte zu ihm: All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen und ich gebe sie, wem ich will. Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören.
Jesus antwortete ihm: In der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen. Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich zu behüten; und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.
Da antwortete ihm Jesus: Die Schrift sagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen. Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel für eine gewisse Zeit von ihm ab.