Großes Leid macht sprachlos. Immer ist es irgendwie unfassbar. Und unvorstellbar.
Großes Leid macht sprachlos. Immer ist es irgendwie unfassbar. Und unvorstellbar.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den Karfreitag, 6. April 2007,
(Joh 18,1-19,42)
"Ihr, die ihr vorbeigeht, schaut doch und seht, ob da ein Schmerz ist wie mein Schmerz", so heißt es in einem über 2500 Jahre alten Klagelied, das ein Prophet in Israel, Jeremia, damals sang, als Jerusalem in Trümmern lag und das ausgehungerte Volk nach Babylon (im heutigen Irak) ins Exil verschleppt wurde.
Großes Leid macht sprachlos. Immer ist es irgendwie unfassbar. Und unvorstellbar. Können wir uns vorstellen, was es für die Menschen im Irak heißt, wenn täglich Dutzende Menschen von Selbstmörderbomben zerfetzt werden? Das Leid der Mütter, der verwaisten Kinder, das Elend der Schwerstverletzten? Fast sind die Toten zu beneiden, die es überstanden haben.
Heute sind die täglichen Schreckensnachrichten aus dem Irak nur mehr höchstens eine Kurznotiz in der Tageszeitung. Von den Opfern in Darfur wird überhaupt geschwiegen. Traurig, aber verständlich. Wir können nicht ständig mit allem Leid der Welt leben. Wir schauen weg. Es betrifft uns ja nicht direkt.
Heute ist eine Leidensgeschichte Thema, die in den vielen Leidensgeschichten der daran so überreichen Weltgeschichte kaum auffallen würde, wenn nicht etwas Einmaliges an ihr wäre. Gekreuzigte gab es damals zu Tausenden, Mütter, die die Todesqualen ihrer Söhne erleben mussten, gleichgültige Henker, die ihr blutiges Geschäft taten, Menschen, die daran vorbeigehen wie wir an den Tagesnachrichten.
Der Eine, dessen Leiden heute erzählt wird, ist deshalb immer noch im Gedächtnis vieler, weil er der Sohn Gottes war. Der Gekreuzigte ist Gott. Das ist das Unvergleichliche an dieser Leidensgeschichte. Das Verrückte an ihr. Das Unglaubliche. Und daher auch für viele Unannehmbare.
Gott, wenn es ihn gibt, kann nur ein Ferner sein, so denken sie. "Gott ist doch kein Mensch. Er kann doch keinen Sohn haben", hat mir einmal ein Moslem gesagt. Ja, nach unseren menschlichen Vorstellungen kann er das nicht, kann er auch nicht leiden und gar an einem Kreuz sterben. Aber Gott ist größer als unsere Vorstellung. Er kann sich klein machen, weil er der ganz Große ist. Er ist in Jesus wirklich Mensch geworden. Er ist so frei, dass er uns gleich werden kann, um uns zu helfen.
Er geht nicht an unserem Leid vorbei. Er bleibt uns nicht fern. Zu Moses hat Gott in der Wüste, im brennenden Dornbusch gesagt: "Ich habe das Leid meines Volkes gesehen … Ich bin herabgestiegen, um sie zu befreien." Er ist so tief herabgestiegen, dass er das Leid von uns allen selber auf Seine Schultern laden wollte. Er hat nicht weggeschaut, sondern unser Elend sich zu eigen gemacht.
Ein Gott, dem unser Leid nicht fremd ist. Der Mit-leid kennt. Und der uns sagt: Gib mir dein Leid. Ich trage es mit. Bis zum Ostermorgen. Denn für dich habe ich gelitten. Und für dich bin ich auferstanden. Damit du lebst!
Jesus trug sein Kreuz und ging hinaus zur so genannten Schädelhöhe, die auf hebräisch Golgota heißt.
Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere, auf jeder Seite einen, in der Mitte Jesus.
Pilatus ließ auch ein Schild anfertigen und oben am Kreuz befestigen; die Inschrift lautete: Jesus von Nazaret, der König der Juden. Dieses Schild lasen viele Juden, weil der Platz, wo Jesus gekreuzigt wurde, nahe bei der Stadt lag. Die Inschrift war hebräisch, lateinisch und griechisch abgefasst.
Die Hohenpriester der Juden sagten zu Pilatus: Schreib nicht: Der König der Juden, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der König der Juden. Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.
Nachdem die Soldaten Jesus ans Kreuz geschlagen hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile daraus, für jeden Soldaten einen. Sie nahmen auch sein Untergewand, das von oben her ganz durchgewebt und ohne Naht war. Sie sagten zueinander: Wir wollen es nicht zerteilen, sondern darum losen, wem es gehören soll. So sollte sich das Schriftwort erfüllen: Sie verteilten meine Kleider unter sich und warfen das Los um mein Gewand. Dies führten die Soldaten aus.
Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala.
Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn! Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.
Danach, als Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war, sagte er, damit sich die Schrift erfüllte: Mich dürstet. Ein Gefäß mit Essig stand da. Sie steckten einen Schwamm mit Essig auf einen Ysopzweig und hielten ihn an seinen Mund.
Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und gab seinen Geist auf.