„Jesus ist ja nicht in den Tod, sondern in das Leben hinein weggegangen.“ Sie wissen: Er lebt, er ist nicht tot. Und darüber freuen sie sich.
„Jesus ist ja nicht in den Tod, sondern in das Leben hinein weggegangen.“ Sie wissen: Er lebt, er ist nicht tot. Und darüber freuen sie sich.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für Christi Himmelfahrt, 17. Mai 2007,
(Lk 24,46-53)
Er oder sie ist von uns gegangen. So sagt man meist, wenn jemand gestorben ist. Wohin ist er, ist sie gegangen? Einfach weg? Sicher so, dass wir ihn oder sie nicht mehr sehen können. Es bleibt das Grab. Dort können wir hingehen, beten, uns erinnern. Und wenn wir sagen: Er oder sie liegt auf diesem oder jenem Friedhof, dann meinen wir doch nur die Gebeine, die sterblichen Überreste. Die werden der Erde übergeben. Aber die Verstorbenen selber sind nicht da unten in der Grube des Grabes. Sie sind „von uns gegangen“. Wohin?
Davon handelt das heutige Fest. Dieser Donnerstag, zehn Tage vor Pfingsten, ist für die Wirtschaft ein Ärgernis, für die Schulkinder eine Freude, für die Arbeitnehmer eine Chance, einen Fenstertag zu nehmen und so vier freie Tage zu haben. Kein Wunder, dass auf die Kirche immer wieder Druck ausgeübt wird, sie solle Christi Himmelfahrt (und Fronleichnam dazu!) aufgeben und auf den jeweils nächsten Sonntag verlegen. Das katholische Italien mache es doch auch so. Nun sind aber gerade diese beiden Donnerstagsfeste auch im „Konkordat“ festgeschrieben und somit vom Staat garantiert. Sind sie aber heute noch sinnvoll?
Die Frage müssen wir uns stellen. Nur als wirtschaftlich kostspieliger Billigurlaub werden sie sich auf die Dauer nicht halten. Wenn sie ihren (religiösen) Sinn verlieren, werden sie sinnlos, und Sinnloses gibt man früher oder später auf.
Christi Himmelfahrt hat einen ganz genauen Sinn. Auch Jesus ist „von uns gegangen“. Daran erinnert das heutige Fest. Aber wohin ist er gegangen? Nicht in die Grube eines Grabes, auch nicht in eine unbestimmte Ferne eines allgemeinen Jenseits. Auch bleibt er nicht, wie heute gerne von Verstorbenen gesagt wird, (nur) in unserer Erinnerung lebendig. Die Erinnerung verblasst schnell. Wer von uns weiß etwas Genaueres über die Ururgroßeltern? Jesu „Himmelfahrt“ war anders.
Der Evangelist Lukas weist auf etwas Überraschendes hin: Als Jesus nahe bei Jerusalem die Jünger „verließ und zum Himmel emporgehoben wurde“, „kehrten sie in großer Freude nach Jerusalem zurück“. Vom Friedhof kehrt man meist mit ernster Mine, oft mit tränenroten Augen heim. Woher hier diese Freude? Joseph Ratzinger, Papst Benedikt, erklärt das: „Jesus ist ja nicht in den Tod, sondern in das Leben hinein weggegangen.“ Sie wissen: Er lebt, er ist nicht tot. Und darüber freuen sie sich. Aber er ist weg. Und sie bleiben alleine zurück. Und das ist doch Grund auch zur Sorge. Wie werden sie das schaffen, ohne ihn? Und Grund zur Trauer. Er ist nicht mehr „greifbar“ bei ihnen. Sein Rat, sein Wort, sein Gesicht wird ihnen fehlen.
Und doch heißt es, sie seien „in großer Freude nach Jerusalem zurückgekehrt“. Worüber freuten sie sich so sehr? Der Grund ihrer Freude besteht bis heute. Er gibt dem heutigen Fest seinen Sinn. Sie freuen sich, dass ihr geliebter Meister lebt. Und dass er zwar nicht mehr sichtbar bei ihnen ist, aber doch wirklich bei ihnen bleibt. Diese Freude haben so viele seither erfahren: Jesus ist bei uns! Nicht immer spürbar, aber im Glauben fassbar. Nicht zum Angreifen, nicht zum Begreifen, aber in ganz großer Nähe. Das ist jedem Glaubenden gewiss. Und Grund zur Freude.
Christi Himmelfahrt heißt: Die Fahrt endet nicht am Friedhof. Der Weg hinüber landet nicht im Niemandsland. Er führt ins Leben. Unzerstörbares, volles Leben. Das ist der Grund, heute frei zu haben. Und zu danken für dieses Lebensziel.
Er sagte zu ihnen: So steht es in der Schrift: Der Messias wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen, und in seinem Namen wird man allen Völkern, angefangen in Jerusalem, verkünden, sie sollen umkehren, damit ihre Sünden vergeben werden.
Ihr seid Zeugen dafür. Und ich werde die Gabe, die mein Vater verheißen hat, zu euch herabsenden. Bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft aus der Höhe erfüllt werdet.
Dann führte er sie hinaus in die Nähe von Betanien.
Dort erhob er seine Hände und segnete sie. Und während er sie segnete, verließ er sie und wurde zum Himmel emporgehoben; sie aber fielen vor ihm nieder.
Dann kehrten sie in großer Freude nach Jerusalem zurück. Und sie waren immer im Tempel und priesen Gott.