Einer kann den Tod besiegen. Einmal wird der Tod ganz besiegt sein.
Einer kann den Tod besiegen. Einmal wird der Tod ganz besiegt sein.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 10. Sonntag im Jahreskreis, 10. Juni 2007,
(Lk 7,11-19)
Pfingstwochenende 2007. Zwanzig Verkehrstote in Österreich. Die höchste Zahl seit zwölf Jahren. Hinter diesem "News- Flash" stehen viele ganz konkrete Schicksale. Mütter, die weinen. Eltern, Geschwister, Ehepartner, Freunde, Kinder. Ich kenne persönlich keines der Opfer und deren Familien. Ich bete für alle, bitte Gott um Trost für die Hinterbliebenen und um Seine barmherzige Liebe für die, die so plötzlich aus dem Leben gerissen wurden und jetzt vor Gottes Angesicht ihr Leben sehen. Herr, gibt ihnen die ewige Ruhe, das ewige Leben!
Was aber, wenn eines der Opfer aus meinem Bekanntenkreis wäre, ein Freund oder gar ein Verwandter? Ich würde hingehen, zu trösten versuchen, das Begräbnis halten. Eine Seelenmesse feiern. Aber könnte ich den Toten auferwecken? Könnte ich den jungen Verunfallten seinen Eltern, seiner Freundin zurückgeben?
Wie ohnmächtig sind wir dem Tod gegenüber! Wir können klagen, aber ihn nicht ungeschehen machen. Tot ist tot. Daran ändern keine Trostworte etwas. Da hilft mir auch das heutige Evangelium nicht. Schön für die arme Witwe, dass Jesus mit ihr Mitleid hatte und ihr den einzigen Sohn, ihre ganze Hilfe, ihre Hoffnung, ihre Stütze, wieder zurückgab. Tröstlich und wunderbar ist dieses Ereignis vor dem Stadttor von Nain. Zu Recht staunten die Leute und lobten Gott und bewunderten Jesus als einen großen Propheten.
Aber trotz dem habe ich mit einem ketzerischen Gedanken zu kämpfen: Was hilft ein noch so schöner Einzelfall, wenn doch das Gesetz des Todes unerbittlich aufrecht bleibt? Auch diese Witwe und ihr einziger Sohn mussten früher oder später dann doch endgültig sterben. Was also ist dann das Evangelium, die Frohe Botschaft, dieser Geschichte von vor 2000 Jahren? Bei näherem Hinschauen und Einfühlen in die Situation finde ich doch viel Tröstliches.
Zuerst die Anteilnahme der Menschen. Die Witwe muss nicht allein hinter dem Sarg ihres einzigen Sohnes gehen. "Viele Leute aus der Stadt begleiteten sie." Es hilft wirklich, wenn man in der Trauer nicht alleine gelassen wird. Diese Menschlichkeit darf nicht verloren gehen. Zum Mittrauern sollen wir uns Zeit nehmen!
Dann Jesu spontanes Mitleid. Das haben seine Jünger gespürt und an ihm erlebt: Er geht am Leid nicht achtlos vorbei. Er geht auf die Witwe zu. Er spürt, was für ein Übermaß an Trauer diese Frau trägt.
Was dann geschieht, ist völlig unerwartet. Mit machtvollem Wort ruft Jesus den Toten ins Leben zurück. Noch zwei weitere Totenerweckungen sind berichtet: Die elfjährige Tochter des Jairus und Jesu Freund Lazarus. Auch später gab es solche Wunder: Petrus, Paulus haben Tote erweckt, von vielen Heiligen gibt es ähnliche, für mich ganz glaubwürdige Berichte. Ausnahmen bleiben es dennoch. Wie oft habe ich mir schon bei Toten gewünscht, ich könnte sagen: "Steh auf!" Ich konnte es nicht.
Aber eines hilft mir: Wenn diese Geschichten wahr sind, und das glaube ich, dann hat das eherne Gesetz des Todes Lücken. Dann ist es nicht das letzte Wort über das Leben. Einer kann den Tod besiegen. Einmal wird der Tod ganz besiegt sein.
In jener Zeit ging Jesus in eine Stadt namens Nain; seine Jünger und eine große Menschenmenge folgten ihm.
Als er in die Nähe des Stadttors kam, trug man gerade einen Toten heraus. Es war der einzige Sohn seiner Mutter, einer Witwe. Und viele Leute aus der Stadt begleiteten sie.
Als der Herr die Frau sah, hatte er Mitleid mit ihr und sagte zu ihr: Weine nicht! Dann ging er zu der Bahre und fasste sie an. Die Träger blieben stehen, und er sagte: Ich befehle dir, junger Mann: Steh auf! Da richtete sich der Tote auf und begann zu sprechen, und Jesus gab ihn seiner Mutter zurück.
Alle wurden von Furcht ergriffen; sie priesen Gott und sagten: Ein großer Prophet ist unter uns aufgetreten: Gott hat sich seines Volkes angenommen. Und die Kunde davon verbreitete sich überall in Judäa und im ganzen Gebiet ringsum.