Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden.
Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden.
Evangelienkommentar von Kardinal Schönborn
für den 14. Sonntag im Jahreskreis, 8. Juli 2007,
(Lk 10, 1-12)
Dieses Evangelium ist seit Jahrhunderten so etwas wie die "Charta" für alle Erneuerung der Kirche. Wer glaubt, die Kirche könne sich nicht erneuern, sei eingeladen, in ihrer Geschichte zu schauen. Jedes Jahrhundert hat seine neuen Aufbrüche gekannt. Und immer waren die gerade von diesem heutigen Evangelium beseelt.
Nicht nur die zwölf Apostel, auch einen weiteren Kreis, 72 Jünger, hat Jesus "auf Mission" geschickt. Sie sollten möglichst überall hin das Evangelium bringen. Aber wie sollen sie das machen? Jesus gibt ihnen das Wichtigste ins Herz: Die Ernte ist groß! Die reife Ernte muss schnell eingebracht werden, sonst verdirbt sie! Daher braucht es sofort viele Erntearbeiter. Man kann nicht zuwarten, sonst ist es zu spät.
Es gibt viel zu wenig Erntearbeiter! Eine Katastrophe für die reife Frucht. Wenn niemand sie einbringt, geht sie zugrund. Was will Jesus sagen? Uns aufrütteln! Es gibt so viele Menschen, die warten, die bereit sind, reif für die Ernte des Glaubens. Aber wer geht auf sie zu? Wer nimmt sich Zeit, ihnen zuzuhören? So viele suchen Gott, wären reif für eine Begegnung mit Ihm. Aber wer führt sie zu Gott?
Diese Stelle ("es gibt nur wenig Arbeiter") wird gerne auf den Priestermangel bezogen. Deshalb sollen wir um Priesterberufungen beten: "Bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter für seine Ernte sende". Aber es geht gar nicht nur um geistliche Berufe. Es geht für uns alle um die Bereitschaft, "Arbeiter in der Ernte" zu sein. Sicher, wir brauchen wieder mehr Priester, und es wird sie - Dank Gottes - wieder geben, davon bin ich überzeugt.
Es braucht möglichst viele "Erntearbeiter" Gottes, die spüren, wo Hilfe notwendig ist. Ich denke da immer an die vielen Ehrenamtlichen in unserem Land, die von den Nöten der anderen nicht wegschauen. Papst Benedikt XVI. wird am 9. September in Wien mit 1.700 Vertretern der verschiedensten Hilfsorganisationen zusammentreffen, um ihnen für ihren Einsatz zu danken.
Welche Verhaltensregeln gibt Jesus seinen Erntearbeitern mit? Zuerst den Gewaltverzicht: nicht aggressiv wie Wölfe, sondern wehrlos wie Schafe. Nicht mit großem Aufwand und mit Macht, sondern ohne große Mittel, ohne die vielen Sicherheitsnetze, die wir überall aufspannen. Und: Jesus hat sie immer zu zweit geschickt; kein Einzelkämpfertum, kein Ego-Trip. An ihnen soll man "ablesen" können, wie christliche Gemeinschaft aussieht. Umso schlimmer ist das Bild einer zerstrittenen Pfarre oder miteinander hadernder Bischöfe!
Zwei Dinge haben mich immer besonders an diesem Evangelium berührt. Zuerst, dass Jesus verbietet, auf dem Weg zu grüssen. Ist das nicht unfreundlich, lieblos? Begrüßungen im Orient dauern lange. Mit ihnen verliert man viel kostbare Zeit, die dann der drängenden Ernte abgeht. Auch bei uns wird sehr viel Zeit mit unnützem Gerede vertan.
Und das zweite: "Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als erstes: Friede diesem Haus!" Wie oft habe ich mir vorgenommen, dass wirklich zu tun - und immer wieder versäume ich es. Friedensträger sollen wir sein. Wenn der Friede in mir ist, wird ein Stück davon dort bleiben, wo ich zu Gast war. Wie groß ist die Sehnsucht nach innerem und äußerem Frieden! Und wie sehr müsste es uns drängen, die Ernte dieser Sehnsucht einzubringen. Solche Arbeiter wünscht sich Jesus. Solche braucht die Welt.
Danach suchte der Herr zweiundsiebzig andere aus und sandte sie zu zweit voraus in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst gehen wollte.
Er sagte zu ihnen: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden.
Geht! Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Schuhe! Grüßt niemand unterwegs!
Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als Erstes: Friede diesem Haus! Und wenn dort ein Mann des Friedens wohnt, wird der Friede, den ihr ihm wünscht, auf ihm ruhen; andernfalls wird er zu euch zurückkehren. Bleibt in diesem Haus, esst und trinkt, was man euch anbietet; denn wer arbeitet, hat ein Recht auf seinen Lohn. Zieht nicht von einem Haus in ein anderes!
Wenn ihr in eine Stadt kommt und man euch aufnimmt, so esst, was man euch vorsetzt. Heilt die Kranken, die dort sind, und sagt den Leuten: Das Reich Gottes ist euch nahe.
Wenn ihr aber in eine Stadt kommt, in der man euch nicht aufnimmt, dann stellt euch auf die Straße und ruft: Selbst den Staub eurer Stadt, der an unseren Füßen klebt, lassen wir euch zurück; doch das sollt ihr wissen: Das Reich Gottes ist nahe. Ich sage euch: Sodom wird es an jenem Tag nicht so schlimm ergehen wie dieser Stadt.