dass er ein guter Hirte sei, ein Hirte mit Leib und Seele!
dass er ein guter Hirte sei, ein Hirte mit Leib und Seele!
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 4. Sonntag der Osterzeit,
13. April 2008, (Joh 10,1-10 )
Das Thema "Zölibat" ist heute eine Art "Dauerbrenner". Ständig wird darüber debattiert. "Lasst die Priester doch heiraten!" bekomme ich oft zu hören. Es sei unnatürlich, ungesund, unmenschlich, wenn die Priester nicht auch ihre Familie haben dürfen. Ich will hier nicht näher auf diese nicht enden wollende Debatte eingehen. Ich mache dazu nur eine Bemerkung, im Blick auf das heutige Evangelium vom "Guten Hirten".
Meine Jugend war stark geprägt von der Persönlichkeit unseres sehr geliebten (nicht nur beliebten) Pfarrers. Wenn ich versuche zu sagen, was denn das so Besondere an ihm war, dann fällt mir eigentlich nur ein Wort ein: Er war ein guter Hirte! Er war wirklich mit Leib und Seele Hirte.
Und wenn ich mich frage, was ich mir heute von einem Priester (oder einem Bischof) erwarte, dann eigentlich nur dies eine: dass er ein guter Hirte sei, ein Hirte mit Leib und Seele! Und meine Erfahrung sagt mir: Wo solche Priester sind, da ist nicht die Frage, ob sie Österreicher oder Ausländer, alt oder jung sind. Da ist auch nicht der Zölibat das Problem. Die Menschen spüren sehr deutlich, ob jemand Hirte ist - oder sich wenigstens redlich bemüht, es zu sein und immer mehr zu werden.
Aber was soll das Bild vom "Hirten", wo es kaum mehr Hirten und Herden in unseren Ländern gibt. Zur Zeit Jesu waren alle vertraut mit dem Anblick einer Schafsherde, die mit Hirt und Hirtenhund über die kargen Weiden zieht. Was machen wir heute mit der Rede vom "guten Hirten"?
Heute ist es eher umgekehrt. Zumindest geht es mir so: Im Blick auf Jesus wird mir deutlich, was Er mit den Worten vom "guten Hirten" meint. Da ist das Bild von der Stalltüre. Diebe und Räuber steigen anderswo ein. Sie kommen nicht auf geradem Weg, durch den Eingang. Der Dieb, der Räuber hat nicht die Absicht, zu helfen und zu pflegen. Diebe und Räuber scheuen das Licht, sie handeln hintenherum, sie täuschen und betrügen. Nichts schmerzt mehr als ein Hirte, der die Seinen betrügt, ausnützt, hintergeht.
Die Schafe kennen die Stimme des Hirten. Das gilt genauso von Haustieren. Einen Hund kann man nicht betrügen. Er erkennt sofort, wer fremd ist und wer nicht. Die "Herde", die Gläubigen haben meist ein sehr treffsicheres Gespür, ob es dem Hirten um sich selber oder um seine "Schäfchen" geht, ob er wirklich ihr Hirte ist oder sich nur um sein Eigeninteresse kümmert. Sehr nüchtern sagt es Jesus: Vor einem Fremden fliehen die Schafe, weil sie seine Stimme nicht kennen. Laufen deshalb so viele "Schäfchen" davon, weil ihnen die Stimme ihrer Hirten fremd ist? Oder gar weil die Hirten zu wenig dem "Guten Hirten" Jesus ähnlich sind?
Das mag so sein. Zum Teil wenigstens. Aber, so möchte ich doch auch zur Verteidigung von uns "Hirten der Kirche" sagen: Auch wir sind nur Menschen. Mit Fehlern und Schwächen. Und manchmal ist der Maßstab, der an uns gelegt wird, nur schwer zu erreichen. Auch wir brauchen den einen "Guten Hirten", Christus, der auf uns schaut, uns führt und hilft. Mancher Priester wird erst im Lauf des Lebens, durch manche Prüfungen und Erfahrungen, zu einem guten, gütigen Hirten. Und manche unter den "Schäfchen" müssen auch lernen, dass ihre Hirten nur Menschen sind, die genauso wie alle anderen des barmherzigen Oberhirten bedürfen.
Ja, Jesus Christus allein ist der wahre "Gute Hirte". Er allein kann uns alle, Priester und Volk, Hirten und Herde, ans Ziel führen. Und Er allein kann aus uns schwachen Menschen wirklich gute Hirten nach seinem Herzen machen.
Amen, amen, das sage ich euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber.
Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe. Ihm öffnet der Türhüter, und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus. Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus, und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme.
Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme des Fremden nicht kennen.
Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus; aber sie verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte.
Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört. Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden.
Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.