Täte es unserem Land nicht gut, wenn möglichst viele sich wirklich an das halten würden, was Jesus geboten hat?
Täte es unserem Land nicht gut, wenn möglichst viele sich wirklich an das halten würden, was Jesus geboten hat?
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium für Christi Himmelfahrt
1. Mai 2008 (Mt 28,16-20)
Selten fallen Christi Himmelfahrt und 1. Mai zusammen. Heuer war Ostern besonders früh, dank des sich am Mond orientierenden Osterdatums. Passen die beiden Daten zusammen? Früher war der 1. Mai der große Tag der Arbeiterschaft. Aufmärsche, Reden, kämpferische Worte für Schutz und Rechte der Arbeitnehmer. Heute ist der 1. Mai vor allem ein freier Tag, gut geeignet zum Wandern, Freude am Frühling.
Auch Christi Himmelfahrt leidet an Teilnehmerschwund. Viele nützen den Donnerstag, um vier freie Tage mit nur einem Urlaubstag zu haben. Der Kirchenbesuch dagegen ist nicht gerade überwältigend. Allen sei die Freizeit, dank 1. Mai und Christi Himmelfahrt, herzlich gegönnt. Dennoch schadet es nicht, sich auch Zeit zum Nachdenken zu nehmen. Dazu die folgenden Anregungen.
Früher, in der kämpferischen Zeit zwischen „rot“ und „schwarz“, gab es gerne den Vorwurf, die Kirche kümmere sich zu sehr um den Himmel und zu wenig um die Erde. Sie schaut zu viel nach oben, zu wenig nach unten. Es gehe darum, die Welt zu verändern und nicht nur aufs Jenseits zu vertrösten. Dankbar dürfen wir sagen, dass sich vieles bei uns zum Guten verändert hat. Der Sozialstaat ist bei uns so gut entwickelt wie nie zuvor. Der Wohlstand ebenso.
Das ist nicht das Verdienst einzelner politischer Gruppen, sondern des gemeinsamen, partnerschaftlichen Bemühens vieler – und – seit über 60 Jahren - einer günstigen Friedenszeit. Ist es auch für die Zukunft gesichert? Die Prognosen sind nicht nur rosig. Umso aktueller ist der Auftrag Jesu im heutigen Evangelium, den letzten Worten Jesu auf Erden, wie sie der Evangelist Matthäus überliefert:
„Macht alle Menschen zu meinen Jüngern, tauft sie und lehrt sie alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“. Ein kämpferischer Auftrag? Weltmission. „Geht zu allen Völkern!“ Wer denkt da nicht gleich an negative Schlagzeilen wie „Zwangsmissionierung“, Religionskriege, Intoleranz?
Aber fragen wir doch einmal anders: Täte es unserem Land nicht gut, wenn möglichst viele sich wirklich an das halten würden, was Jesus geboten hat? Gäbe es dann nicht mehr Güte, Gerechtigkeit, Geduld? Weniger Egoismus und Streit, Unbarmherzigkeit und Lieblosigkeit? Und würde es uns schaden, wenn wir mehr an das ewige Leben und weniger an den irdischen Spaß denken würden? Manche Ehe hielte länger, wenn wir mehr daran dächten, wie kurz das Leben ist, wie sehr es darauf ankommt, dass einer den anderen trägt und erträgt, und dass mit Liebe und Geduld manche Krise zu überwinden ist, die kurzfristig unerträglich erscheint.
Nein, die Himmelfahrt Jesu ist kein Abschied von der Sorge um das Leben hier auf Erden. Aber sie ist ein Wegweiser, der uns zeigt, wohin wir unterwegs sind, wo unser Ziel ist.
Jesus sagt den Aposteln zum Abschied ein gewaltiges Wort: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden!“ Ich kann verstehen, dass „einige (der Apostel) Zweifel hatten.“ Ganz andere Mächte scheinen zu herrschen: das Geld, die Gier, die Geltungssucht. Und das abgrundtiefe Böse, wie wir dieser Tage erschüttert in einer Stadt unseres Landes erfahren müssen. Wo ist da Seine Macht? Die Macht des gütigen Gottes? Die Heilkraft des Heilands?
Ist nicht gerade das schreckliche Drama, das sich unter uns abgespielt hat, ein dringender Aufruf, sich neu den Geboten Gottes, der Lehre und dem Vorbild Jesu zuzuwenden? Keiner kann uns ein tröstlicheres Wort sagen als Jesus selber: „Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“.
In jener Zeit gingen die elf Jünger nach Galiläa auf den Berg, den Jesus ihnen genannt hatte.
Und als sie Jesus sahen, fielen sie vor ihm nieder.
Einige aber hatten Zweifel.
Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.
Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.