Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden.
Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 11. Sonntag im Jahreskreis,
15. Juni 2008 (Mt 9,9-13)
Die Zeit drängt. Die Ernte kann nicht warten. Wenn sie reif ist, muss sie eingebracht werden – oder sie geht zugrunde. Die Ernte ist groß. Aber es fehlen die Arbeiter, um sie zu ernten. Ja, die Zeit drängt. Wenn nicht bald genügend Erntearbeiter gefunden werden, ist es eine Katastrophe.
Wir können uns das alle gut vorstellen. Das Bild ist klar. Das Gleichnis sprechend. Aber was sagt es? Was will Jesus bewirken? Wen spricht er an? Er wendet sich an seine Jünger. An die, die mit ihm gehen und an ihn glauben. Er will sie aufwecken. Ihnen die Augen öffnen: Seht ihr nicht die Not so vieler Menschen? Nicht nur die materielle Not. Sie ist oft groß und drückend. Seht ihr nicht die viel größere Not der Menschen, denen es an Liebe, an Verständnis fehlt? An Orientierung, an Haltepunkten im Leben? Sie sind wie Schafe ohne Hirten, eine Herde, die herumirrt und nicht weiß, wie es weitergehen soll.
Jesus hatte Mitleid mit den Menschen. „Müde und erschöpft wie Schafe ohne Hirten“, so beschreibt er den Zustand so vieler Menschen, denen er begegnet. Die Ernte, die nicht warten kann, ist die Not der Menschen, die keine Vertröstung erträgt. Sie braucht Hilfe jetzt. Sie braucht Zuwendung und Zugreifen nicht erst irgendwann, wenn es schon zu spät ist, sondern heute, morgen, gleich, bald.
Etwas von diesem Drängen des Herzens Jesu müssen seine Jünger spüren. Dazu ist er gekommen. Dazu will er sie aussenden. Damit das Erbarmen zunimmt, die Liebe wächst. Das galt nicht nur damals, das bleibt aktuell. Immer werden Menschen gebraucht, die nicht wegschauen von der Not. Damals hat Jesus zwölf ausgewählt, als Anfang. Wir kennen ihre Namen. Keine anonyme Organisation, sondern Menschen mit Gesichtern und Herzen. Solche sind auch heute gesucht. Konkrete Menschen, Namen, die sich rufen lassen, die Jesus ansprechen kann.
Wir denken dabei oft an Priesterberufe. Sie werden sehr gebraucht. An Ordensschwestern. Sie fehlen uns heute schmerzlich. Aber auch andere sind gerufen. Jeder kann gemeint sein. Sozialberufe, ehrenamtliche Helferinnen, freiwillige Hilfsdienste. Allen gilt der Dank für ihren Einsatz. Ohne sie, ohne die vielen Stunden ihres meist unentgeltlichen Dienstes wäre unsere Gesellschaft unmenschlich kalt und grausam.
Aber der Aufschrei des Mitleids Jesu soll alle aufrütteln, wach machen. Für die Not der Kinder, wenn die Eltern sich zerstreiten und die Kinder in Geiselhaft ihrer Konflikte nehmen. Wieviel Leid in Kinderherzen! Und wieviel Heilung braucht es, um diese Wunden zu überwinden!
Jesus sandte nur zwölf aus. Was war das für all die Not, die es damals gab? Ich kann nicht alles Leid der Welt beseitigen. Aber ich kann meinem Nächsten ein wenig Linderung des Leids schenken, und wäre es nur durch die Aufmerksamkeit, das bisschen Zeit, das immer noch für eine Zuwendung zu finden ist.
Bittet den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte zu senden. Jesus lädt zum Gebet ein. Es ist immer möglich, auch dort, wo wir nicht direkt helfen können. Bitten, dass Gott Trost schenke, Licht und Kraft. Das sollten wir immer tun. Es hilft, weil Gott dazu die Macht hat. Und weil es uns wacher macht für aller Menschen Not.
In jener Zeit, als Jesus die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben.
Da sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden.
Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen.
Die Namen der zwölf Apostel sind: an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes, Philippus und Bartholomäus, Thomas und Matthäus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus, Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn später verraten hat.
Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: Geht nicht zu den Heiden, und betretet keine Stadt der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.
Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe. Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.