Zweifellos hat Gott ihren Weg vorbereitet. Er kennt unsere Wege im voraus, ohne uns deswegen die Freiheit zu nehmen.
Zweifellos hat Gott ihren Weg vorbereitet. Er kennt unsere Wege im voraus, ohne uns deswegen die Freiheit zu nehmen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Hochfest der
Apostel Petrus und Paulus,
29. Juni 2008
(Mt 16,13-19)
Der eine war Fischer, der andere Zeltmacher. Beide waren Juden. Der eine hatte den Beinamen „der Fels“, der andere wurde „der Kleine“ genannt. Der eine hieß eigentlich Schimon Barjóna, das heißt Simon, Sohn des Jóna. Der andere hieß eigentlich Schaùl, Saulus auf Griechisch. Der eine wurde von Jesus „Kephas“ genannt, auf Griechisch Petros, der Fels, woraus Petrus, Peter wurde. Paulos wurde der andere genannt, das heißt „der Kleine“, wohl weil er klein an Gestalt war.
Heute, am 29. Juni, ist Peter und Paul, das Fest der beiden Apostel. Es ist der Kirche ein so hoher Festtag, dass er sogar die Feier des Sonntags verdrängt. Warum sind diese beiden, der „Fels“ und der „Kleine“, der Kirche so wichtig, dass ihr Fest einen solchen Vorrang hat? Die Antwort ist klar: Sie sind beide tragende Säulen der Kirche.
Zudem feiern wir 2009 den 2000. Jahrestag der Geburt des „Kleinen“, des Paulus. Denn es wird angenommen, dass er etwa um das Jahr 9 nach Christus geboren wurde. Deshalb hat Papst Benedikt XVI. auch ein Paulus-Jahr ausgerufen, das mit dem heutigen Tag beginnt.
Wie kamen die beiden zu ihrer tragenden Rolle für den Anfang der Kirche? Wieso sind sie bis heute so wichtig? Ich finde es immer spannend, sich zu fragen, wie es dazu kommt, dass ganz unbekannte Menschen zu weltgeschichtlicher Bedeutung „aufsteigen“, vor allem im Guten. Denn es gibt auch die negativen Fälle, wie der eines Adolf Hitler, der zu einer Katastrophe für die Menschheit wurde.
Beide Apostel haben sich ihre Rolle nicht ausgesucht. Sie haben sie nicht angestrebt. Sie wurden wirklich dazu berufen. Petrus kam durch seinen Bruder Andreas zu Jesus, der beide dann gerufen hat, ihren Beruf als Fischer aufzugeben und mit ihm zu kommen. Paulus war ein leidenschaftlicher Gegner der Leute, die diesem Jesus anhingen - bis eines Tages eben dieser Jesus ihm erschien. Von da an gehörte das Leben des Paulus nur mehr einem Anliegen - den bekannt zu machen, den er so verfolgt hatte: Jesus, den Messias Israels, den Sohn Gottes. Beide hatten nie damit gerechnet, dass Jesus Mitte und Inhalt ihres Lebens werden würde.
Was hat sie für ihre neue Lebensaufgabe vorbereitet? Sicher kein Management-Kurs, kein Karrierestreben. Der Weg, den sie beschritten, als sie Jesus in ihr Leben hereinließen, führte sie ja auch genau dorthin, wohin er auch Jesus führte: zum Martyrium, zur blutigen Hinrichtung. Der eine starb wie Jesus am Kreuz, nur noch grausamer, nach unten hängend, im Zirkus des Nero in Rom, dort, wo heute der Petersdom steht. Der Obelisk am Petersplatz war Zeuge seiner Kreuzigung. Der andere starb durch Enthauptung. Diese „mildere“ Hinrichtung stand ihm zu, da er das römische Bürgerrecht besaß. Beide starben im Jahr 67.
Zweifellos hat Gott ihren Weg vorbereitet. Er kennt unsere Wege im voraus, ohne uns deswegen die Freiheit zu nehmen. Paulus war überzeugt, dass Gott ihn schon vom Mutterschoß an für seine künftige Aufgabe als Apostel Jesu auserwählt und vorbereitet hat. Auch Petrus sah im Rückblick sein Leben als eine Fügung Gottes, der selbst auf krummen Zeilen gerade schreibt, wie das Sprichwort sagt.
Denn krumm war manches in der Lebensgeschichte beider. Petrus war zwar schnell begeistert, aber auch schnell mutlos. Am bittersten bereute er seine Feigheit, in den Stunden der Gefangennahme Jesu seinen geliebten Meister gleich dreimal verleugnet zu haben. Paulus ging in seiner Leidenschaft immer aufs Ganze, zuerst war er ganz gegen Jesus und seine Anhänger, bis zum Justizmord an Stephanus. Dann aber war er umso leidenschaftlicher für Jesus, bis zur völligen Hingabe seines Lebens. Eine Kirche, die Jesus auf solche Menschen baut, die hat ein festes Felsenfundament. In ihr haben wir alle Platz. Auch schwache Menschen können hier zu Felsen, zu Helden werden.
Als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger: Für wen halten die Leute den Menschensohn?
Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten.
Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich?
Simon Petrus antwortete: Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!
Jesus sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel.
Ich aber sage dir: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein.