„Wer bin ich für dich?“ Sobald uns diese Frage gestellt wird, geht es nicht mehr um das, was „man“ so sagt, sondern um meine ganz persönliche Sicht.
„Wer bin ich für dich?“ Sobald uns diese Frage gestellt wird, geht es nicht mehr um das, was „man“ so sagt, sondern um meine ganz persönliche Sicht.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 21. Sonntag im Jahreskreis,
24. August 2008 (Mt 16,13-20)
Was alles so an Meinungen herum ist! Wie viel meinen wir zu wissen, und wissen doch so wenig, und halten unsere Meinungen für Wissen, obwohl sie nur die „öffentliche Meinung“ widerspiegeln. Wie genau ist aber das Wissen der „öffentlichen Meinung“? Vor allem, wenn es um Menschen geht! Was „man“ so nicht alles über Leute sagt und denkt und unbedacht weitersagt! Wie leichtfertig kommen da Urteile über Menschen zustande!
Jesus hat sich mit seinen Jüngern in die einsame Gegend der Jordanquellen zurückgezogen. Die „öffentliche Meinung“ über Jesus war anfangs voller Begeisterung gewesen. Doch schon bald begann das Blatt sich zu wenden. Die „Meinungsmacher“ im Volk begannen, Jesus negativ zu beurteilen, und ihr Urteil wirkte sich schließlich auch bei den Leuten aus. Noch war es nicht so weit, dass das Volk seine Kreuzigung verlangte. Noch war die Meinung bei den meisten: Er ist ein Prophet!
Unverkennbar: Jesus war etwas Besonderes! Gerade die „einfachen Leute“ hatten dafür ein Gespür. Sie sahen in Jesus einen der großen Propheten, der wiedergekommen war. Die Menschen im jüdischen Volk glaubten damals nicht an eine „Reinkarnation“, an wiederholte Geburten. Aber man erwartete allgemein, dass in der Endzeit der Prophet Elija wiederkommen werde, den Gott in den Himmel entrückt hatte. Der König Herodes war der Meinung, in Jesus sei Johannes der Täufer wiedererschienen, den er hatte umbringen lassen.
„Wer bin ich für dich?“ Sobald uns diese Frage gestellt wird, geht es nicht mehr um das, was „man“ so sagt, sondern um meine ganz persönliche Sicht. Hier kann man sich nicht auf das ausreden, was allgemein gemeint wird. Hier bin ich gefragt. Wie ist meine Beziehung zu dir? Wer bist du für mein Leben?
Petrus antwortet nicht mit einem unbestimmten „die Leute meinen“. Er sagt auch nicht: „Ich meine, du bist der und der.“ Seine Antwort ist ein unmissverständliches „du bist Christus, der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes“. Seine Antwort ist ein Bekenntnis: Du bist der Ersehnte! Du der Erwartete! Du bist der, auf den unser Volk seit langem gehofft hat! Du bist der Messias!
Das ist ein Wort des Glaubens. Kein Zweifel, kein Zögern. Eine Zustimmung aus ganzem Herzen, mit allen Kräften des Verstandes und des Willens. Völliges Vertrauen: Auf dich, Jesus, kann ich felsenfest bauen; dir mein Leben vollständig anvertrauen.
Auf keinen Menschen könnten, dürften wir so vertrauen. Jetzt, im Wahlkampf, werden die einen Kandidaten fast in den Himmel gehoben, die anderen kleingeredet. Kein Mensch ist der Messias, wir sind alle arme, schwache Sünder, mit Gaben und Aufgaben, und mit einer eigenen Portion Fehlern beladen. Nur auf Jesus kann so vertraut werden, dass er der Fels des eigenen Lebens ist. Denn er, nur er, ist „der Sohn des lebendigen Gottes“.
Ist das bloß eine Meinung unter anderen? Nein, Petrus glaubte das, felsenfest. Und er wusste, dass sein Glaube ein festes Fundament hatte. Sein Glaube war ihm gewiss: Jesus, du bist mein Heiland! Nichts ist mir gewisser! „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Diese Frage stellt Jesus heute. Uns, mir, dir. Antworte ich persönlich? Oder so, wie „man“ halt meint?
In jener Zeit, als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger: Für wen halten die Leute den Menschensohn?
Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten.
Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich?
Simon Petrus antwortete: Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!
Jesus sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Ich aber sage dir: Du bist Petrus - der Fels -, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein.
Dann befahl er den Jüngern, niemand zu sagen, dass er der Messias sei.