Die Frage der Steuern, so wichtig, so drückend sie sein kann, ist nicht einmal die zweitwichtigste.
Die Frage der Steuern, so wichtig, so drückend sie sein kann, ist nicht einmal die zweitwichtigste.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 29. Sonntag im Jahreskreis,
19. Oktober 2008 (Mt 22,15-21)
Steuern zahlen war nie angenehm. Wir wissen, dass es notwendig ist. Steuern sind unser Beitrag zur Gemeinschaft von Gemeinde, Land und Bund. Aus unseren Steuermitteln wird alles unterhalten, was uns wiederum zugute kommt: das Gesundheitssystem und die Altersvorsorge, unsere Sicherheit und die Infrastruktur, die Schulen und Universitäten und vieles andere mehr. Steuern sind notwendig und gerecht.
Was aber, wenn sie maßlos werden? Wenn die Steuerlast die Menschen erdrückt? Wenn mit ihnen die eigene Unterdrückung finanziert wird? So war es damals, zur Zeit Jesu. Übermäßige Steuern, die vor allem dazu dienten, die römische Besatzung, die riesige Militärmaschinerie des Römischen Reiches zu finanzieren.
Radikale Rebellen, aber auch strenggläubige Juden meinten, man müsse die Steuern überhaupt verweigern. Fragen, die auch bei uns manchem das Gewissen belasteten, als in der Nazizeit ein Unrechtsregime mit den Steuern seiner Bürger einen Wahnsinnskrieg und einen mörderischen Polizeistaat finanzierte. Ist es erlaubt, Hitler Steuern zu zahlen? So könnte die Frage bei uns vor 70 Jahren gestellt worden sein.
Wie weit muss, wie weit darf man mit einem „Schurkenstaat“ zusammenarbeiten? Hat Jesus wirklich auf die Fangfrage, die ihm gestellt wurde, geantwortet? Ja und nein! Zuerst entlarvt er die böse Absicht hinter der Frage, ob dem römischen Kaiser Steuern zu zahlen seien: „Ihr Heuchler, warum stellt ihr mir eine Falle?“ Sie fragen nicht, um eine echte Antwort zu finden, sondern um Jesus „hineinzulegen“. Wären sie an einer echten Lösung dieser schwierigen Moralfrage interessiert, könnte Jesus sie mit ihnen gemeinsam zu lösen versuchen. So aber sieht sich Jesus genötigt zu zeigen, dass sie unehrliche Heuchler sind.
Jesus lässt sich ein Geldstück zeigen. Es ist natürlich römisches Geld. Es ist geprägt mit dem Bild und dem Namen des Kaisers. Alle benützen diese Münzen im Zahlungsverkehr. Nun wissen seine Zuhörer genauso wie er selber, dass die Bibel ein striktes Bilderverbot enthält. Also dürfte ein frommer Jude gar nicht eine Münze in die Hand nehmen, die einen Menschen abbildet. Mit jeder Verwendung der geltenden (römischen) Währung verstoßen also alle gegen das zweite der Zehn Gebote.
Es geht gar nicht anders. Jesus zeigt es ihnen. Wir leben alle in einer Welt, in der Geld gebraucht wird, der „ungerechte Mammon“, wie Jesus es nennt. Wir können nicht einfach aus der Welt „aussteigen“. Wir müssen versuchen, das Geld möglichst anständig zu verwenden, als Mittel und nicht als Selbstzweck. Wir dürfen es nicht anbeten und zum Götzen machen. Die weltweite Finanzkrise erinnert wieder daran!
„So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört.“ Zahlt ihm die Steuern! Das gehört zum Leben auf dieser Welt. Hundertprozentig gerecht wird es hier nie zugehen. Tut wenigstens selber möglichst kein Unrecht! Und: „Gebt Gott, was Gott gehört!“ Was gehört Gott? Eigentlich alles.
„Alles ist dein Eigentum“, heißt es im „Te Deum“. Denn alles hat Gott geschaffen. Alles verdanken wir Ihm. Ihm schulden wir Leib und Leben. Ihm soll unser Herz gehören. Das ist das Wichtigste im Leben. Die Frage der Steuern, so wichtig, so drückend sie sein kann, ist nicht einmal die zweitwichtigste.
In jener Zeit kamen die Pharisäer zusammen und beschlossen, Jesus mit einer Frage eine Falle zu stellen. Sie veranlassten ihre Jünger, zusammen mit den Anhängern des Herodes zu ihm zu gehen und zu sagen: Meister, wir wissen, dass du immer die Wahrheit sagst und wirklich den Weg Gottes lehrst, ohne auf jemand Rücksicht zu nehmen; denn du siehst nicht auf die Person.
Sag uns also: Ist es nach deiner Meinung erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?
Jesus aber erkannte ihre böse Absicht und sagte: Ihr Heuchler, warum stellt ihr mir eine Falle? Zeigt mir die Münze, mit der ihr eure Steuern bezahlt!
Da hielten sie ihm einen Denar hin. Er fragte sie: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie antworteten: Des Kaisers.
Darauf sagte er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört!