Ja, keiner von uns ist so sehr Hirte wie Jesus. Aber alle können wir uns ihm annähern und bessere Hirten werden. Und so unsere Welt ein bisschen besser machen.
Ja, keiner von uns ist so sehr Hirte wie Jesus. Aber alle können wir uns ihm annähern und bessere Hirten werden. Und so unsere Welt ein bisschen besser machen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 4. Sonntag der Osterzeit,
3. Mai 2009 (Joh 10,11-18)
Wer kann wie Jesus von sich sagen: „Ich bin der gute Hirte“? Sicher, wir bemühen uns alle, die wir irgendwie Hirtensorge haben: die Eltern für ihre Kinder. Die Chefs für ihre Mitarbeiter. Die Politiker für ihr Land. Die Lehrer für ihre Schüler. Die Ärzte für ihre Kranken. Die Priester für ihre Gläubigen. Allen wollen wir zuerst einmal den guten Willen zusprechen.
Heute werden alle, die irgendwie Autorität und Verantwortung tragen, verdächtigt, dass sie eigentlich eher Versager sind. Das liegt so im Geist der Zeit, und die Medien verstärken das noch. Zurzeit sind die Lehrer „dran“, schlecht gemacht zu werden. Die Politiker unterliegen sowieso dem Generalverdacht, nur an sich und ihre Wiederwahl zu denken. Die Manager gelten generell als profitgierige Geier. Und den Priestern begegnet der hämische Verdacht, dass sie den Zölibat nicht halten.
Meist ist an der Kritik ein Körnchen Wahrheit, aber dieses Körnchen wird zu einem riesigen Berg gemacht, und so ist diese Kritik oft maßlos übertrieben und ungerecht. Sollten wir nicht alle zuerst einmal voneinander annehmen, dass wir uns redlich bemühen, „gute Hirten“ zu sein, als Eltern und Lehrer, als Manager und Politiker, als Ärzte und als Priester? Und auch die Journalisten wollen wir von diesem Wohlwollen nicht ausschließen! Auch wenn wir ehrlicherweise alle sagen müssen, dass wir keine perfekten Hirten sind, dass die Kritik Jesu an den feigen Hirten uns allen zu denken gibt:
„Der bezahlte Knecht, der nicht Hirte ist und dem die Schafe nicht gehören, lässt die Schafe im Stich und flieht, wenn er den Wolf kommen sieht.“ Der Wolf reißt sie und jagt sie auseinander. Er flieht, weil er nur ein bezahlter Knecht ist und ihm an den Schafen nichts liegt.“
Jesus hält uns allen, die wir irgendwie „Hirtendienst“ ausüben, einen Spiegel vor: Schau hinein! Bist du mutig oder feig? Geht es dir mehr um dein Wohlergehen als um das Wohl derer, für die du Verantwortung trägst? Riskierst du etwas, um die Deinen zu schützen? Wer von uns kann vor solchen Fragen einfach von sich sagen: „Ich bin der gute Hirte“?
Jesus sagt das von sich. Er wagt diese Aussage, weil sie stimmt wie für keinen anderen. Er hat wirklich alles getan, was zu einem guten Hirten gehört, und mehr als das: „Der gute Hirt gibt sein Leben hin für seine Schafe.“ Ihm liegt an uns. Wir sind ihm so wertvoll, dass er für uns alles tut und gibt, sogar sein Leben.
Von ihm weiß ich: Er wird mich nicht betrügen, nicht ausnützen und ausbeuten. Ihm kann ich vertrauen. Er kennt mich, und da er mich wirklich mag, brauche ich mich nicht zu schämen, dass er mich kennt. Denn auch wenn ich ein räudiges, schwarzes oder verlorenes Schaf bin, er wird mir nachgehen und mich suchen. Er wird mich aus den Dornen befreien, in denen ich mich verfangen habe. Er wird mich vor dem Abgrund bewahren, an den ich mich verirrt habe. Selbst um den Preis seines Lebens wird er mich suchen, bis er mich findet, heilt und heimbringt.
Ja, keiner von uns ist so sehr Hirte wie Jesus. Aber alle können wir uns ihm annähern und bessere Hirten werden. Und so unsere Welt ein bisschen besser machen.
Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe.
Der bezahlte Knecht aber, der nicht Hirt ist und dem die Schafe nicht gehören, lässt die Schafe im Stich und flieht, wenn er den Wolf kommen sieht; und der Wolf reißt sie und jagt sie auseinander. Er flieht, weil er nur ein bezahlter Knecht ist und ihm an den Schafen nichts liegt.
Ich bin der gute Hirt; ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich, wie mich der Vater kennt und ich den Vater kenne; und ich gebe mein Leben hin für die Schafe. Ich habe noch andere Schafe, die nicht aus diesem Stall sind; auch sie muss ich führen, und sie werden auf meine Stimme hören; dann wird es nur eine Herde geben und einen Hirten.
Deshalb liebt mich der Vater, weil ich mein Leben hingebe, um es wieder zu nehmen. Niemand entreißt es mir, sondern ich gebe es aus freiem Willen hin. Ich habe Macht, es hinzugeben, und ich habe Macht, es wieder zu nehmen.
Diesen Auftrag habe ich von meinem Vater empfangen.