Die materiellen Werte sollen nicht den ersten Platz einnehmen.
Die materiellen Werte sollen nicht den ersten Platz einnehmen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium 15. Sonntag im Jahreskreis,
12. Juli 2009 (Mk 6,7-13)
In der Erzdiözese Wien planen wir für 2010 eine „Diözesanmission“. Die Älteren unter uns erinnern sich noch an die sogenannten „Volksmissionen“, die bis in die Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts sehr beliebt waren. Zwei oder drei „Volksmissionare“ kamen für eine Woche in die Pfarre. Täglich „Missionspredigt“, Beichten, Hausbesuche, Glaubensgespräche: alles sollte dazu beitragen, den Glauben wieder zu wecken, zu erkennen. Und vielfach gelang das auch.
Dann kam eine Zeit, wo das nicht mehr für nötig erachtet wurde. Mündige, erwachsene Christen brauchen solche Impulse nicht mehr, so meinte man. Inzwischen haben sich die Dinge sehr geändert. Das Wissen über den Glauben ist dramatisch geschrumpft, die religiöse Praxis zumindest in Europa vielfach im Rückgang. Gleichzeitig wächst die Sehnsucht nach Sinn, die Suche nach Orientierung.
In solchen Zeiten hat es immer wieder eine Neubesinnung auf den Ursprung gegeben, auf die Anfänge. Genau das wollen wir, mit Gottes Hilfe, in der Erzdiözese Wien versuchen. Wir nennen den Vorgang „Apostelgeschichte 2010“. Das Buch der Apostelgeschichte ist in der Bibel, im Neuen Testament, der Bericht über die Anfänge der Kirche. Was im Jahr 30 zu Pfingsten begann und bald zur Gründung von christlichen Gemeinden in der ganzen damaligen Welt führte, geht auch heute weiter. Die „Apostelgeschichte“ wird weitergeschrieben, im Jahr 2009, 2010.
Den eigentlichen Anfang aber hat Jesus gemacht. Er hat die ersten Boten seiner Botschaft ausgesandt. Von dieser ersten Mission spricht das heutige Evangelium. Alle großen kirchlichen Ernennungen haben an dieser ersten Mission der Apostel Maß genommen. So gilt es auch heute, genau hinzuschauen, wie Jesus Mission verstanden hat.
Jesus sendet sie aus, die zwölf Apostel. Sie geben sich nicht selber den Auftrag. Sie werden von Jesus geschickt. Sie haben sich selber zu verkündigen, sondern Jesus. Er schickt sie nicht alleine. Sie sollen keine Einzelkämpfer sein. Wenigstens zu zweit sollen sie unterwegs sein. Wichtig für heute: ich kann nicht alleine Christ sein. Ich brauche die Gemeinschaft im Glauben, unbedingt!
Jesus gibt ihnen eine eigenartige Ausrüstung mit auf den Weg: Kein Geld, keine Vorräte, aber dafür Macht über die bösen Kräften, die unreinen Geister. Diese Rangordnung müssen wir immer neu lernen. Natürlich braucht die Kirche auch Geld, wie wir alle. Aber es darf nicht den ersten Platz einnehmen. Der Heilig Franziskus hat Jesus wörtlich verstanden und ist wirklich ohne Geld, ohne Vorrat, nur mit einer Kutte bekleidet, losgezogen. Sein Vorbild hat viele bewogen, ihre Wertordnung neu am Evangelium auszurichten. Die materiellen Werte sollen nicht den ersten Platz einnehmen.
Die erste „Volksmission“ der Apostel war sehr erfolgreich. Die Kraft, die sie von Jesus erhalten haben erwies sich als mächtig. Kranke wurden geheilt, Menschen aus dämonischen Fesseln befreit. Doch noch wichtiger als Heilungen waren die Bekehrungen der Herzen. Um die Umkehr geht es auch heute. Dass die Herzen von Jesus und seiner Botschaft berühmt werden, darum geht es auch in unserer Diözesanmission.
Er rief die Zwölf zu sich und sandte sie aus, jeweils zwei zusammen.
Er gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben, und er gebot ihnen, außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen, kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel, kein zweites Hemd und an den Füßen nur Sandalen.
Und er sagte zu ihnen: Bleibt in dem Haus, in dem ihr einkehrt, bis ihr den Ort wieder verlasst.
Wenn man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt und euch nicht hören will, dann geht weiter, und schüttelt den Staub von euren Füßen, zum Zeugnis gegen sie.
Die Zwölf machten sich auf den Weg und riefen die Menschen zur Umkehr auf. Sie trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.