denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben.
denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium 16. Sonntag im Jahreskreis,
19. Juli 2009 (Mt 6,30-34)
Es war ihre erste „Missionserfahrung“. Jesus hatte das Wagnis riskiert, sie in Zweiergruppen auszusenden, um das zu tun, was sie bei ihm gelernt hatten: einfach auf die Menschen zugehen und ihnen vom Reich Gottes zu erzählen. Sie sollten wie er den Leuten das Evangelium bringen, ihnen sagen, dass Gott auf sie wartet, dass sie ihr Leben ändern und sich Gott ganz anvertrauen sollen.
Wie lange dauerte diese erste Mission der Apostel? Das Evangelium sagt es uns nicht. Sicher einige Tage, kaum länger, denn es war ja ein erster Versuch. Nun kommen sie alle, die zwölf Apostel, wieder bei Jesus zusammen. Es gibt offenbar viel zu erzählen. Jeder will Jesus genau berichten, was er, mit seinem „Team–Zweiten“, getan und gelebt hat.
Um diese Erfahrungen zu „verdauen“, um sich in Ruhe darüber austauschen und nachdenken zu können, plant Jesus, mit ihnen ein paar Tage der Stille und der Rast an einem abgelegenen Ort zu verbringen. Zu viel Wirbel war an dem Ort, wo Jesus sich aufhielt, wahrscheinlich in Kapharnaum. So steigen sie in zwei Boote und fahren über ein Eck des Sees, wohl zu dem Ort, der heute Tabga heißt.
Aus der Zeit des Ausruhens wird freilich nichts. Ich kann mir die Enttäuschung der Apostel gut vorstellen, als sie in Tabga ankommen und das Ufer randvoll ist mit mehr als 5.000 Menschen, die alle Jesus sehen, hören, berühren wollen.
Keine Spur von Ärger auf Jesu Seite. Ganz im Gegenteil: „Als er ausstieg und die vielen Menschen sah, war er von Mitleid ergriffen, denn sie waren wie Schafe ohne Hirten.“ Und nun das für mich Überraschende: Sein Mitleid bewegt ihn, die Menschen „lange zu lehren.“ Als wollte Jesus uns zeigen, wo die größte Not liegt: nicht im Materiellen, sondern im Geistigen, im Seelischen: Gott nicht zu kennen, von Ihm und seiner Liebe nichts zu wissen, das ist die wirkliche Armut. Deshalb lehrt sie Jesus den ganzen Tag lang und Spricht zu ihnen vom Vater, von Seinem Reich, vom Himmel, dem Ziel des Leben, und wie sie dieses Ziel erreichen können, wie ihr Leben glücklich werden kann.
Was wir für 2010 in der Erzdiözese Wien planen ist, so hoffe ich, etwas Vergleichbares: eine Missionserfahrung! „Wir müssen von einer heiligen Unruhe bereit sein: der Unruhe, allen das Geschenk des Glauben, der Freundschaft mit Christus zu bringen.“ So sagte Kardinal Ratzinger bei der Eröffnung des Konklaves, aus dem er als Papst Benedikt XVI hervorging.
In unserem diözesanen Missionsprojekt „Apostelgeschichte 2010“ (mehr Information unter www.apg2010.at) geht es um die Weitergabe des Glaubens heute. Ein Glaube, der nicht gelebt und bezeugt wird, „versulzt“, wird träge und lahm. Ich hoffe, es wird uns in Österreich neu geschenkt, die Freunde zu erleben, die die Apostel auf ihrer ersten Mission erfahren haben!
Die Apostel versammelten sich wieder bei Jesus und berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten.
Da sagte er zu ihnen: Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht ein wenig aus. Denn sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die Leute, die kamen und gingen.
Sie fuhren also mit dem Boot in eine einsame Gegend, um allein zu sein. Aber man sah sie abfahren, und viele erfuhren davon; sie liefen zu Fuß aus allen Städten dorthin und kamen noch vor ihnen an.
Als er ausstieg und die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange.