Wunder sind Antworten Gottes auf Situationen, in denen der Mensch keine Lösung hat.
Wunder sind Antworten Gottes auf Situationen, in denen der Mensch keine Lösung hat.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium 17. Sonntag im Jahreskreis,
26. Juli 2009 (Joh 6,1-15)
Das Wunder der Brotvermehrung muss tiefen Eindruck hinterlassen haben. Alle vier Evangelisten berichten davon. Es ist ja nicht verwunderlich, dass die Menschen, die es erlebt haben, davon überwältigt waren. 5.000 Männer, Frauen und Kinder nicht mitgezählt, haben reichlich Brot zu essen bekommen, und noch Fisch dazu. Vorhanden waren schlicht fünf Brote und zwei Fische. Übriggeblieben sind nicht weniger als zwölf Körbe voll der Brotreste.
Dieses Brotwunder wurde und wird immer wieder bezweifelt: „So etwas kommt in der Wirklichkeit nicht vor!“ Stimmt! Wunder passieren nicht jeden Tag. Auch bei Jesus kam dieses Wunder nur einmal vor, genauer zweimal. Das zweite Mal waren etwa 4.000 Menschen Zeugen des Geschehens. Ich habe keine Schwierigkeit, an dieses Wunder zu glauben. Immer wieder kam es im Lauf der Geschichte der Kirche zu ähnlichen Vermehrungswundern. Sie sind ganz glaubwürdig bezeugt.
Wenn Gott Gott ist, sind Wunder in seiner Macht. Wenn Christus Gott ist, sind Wunder nicht unwahrscheinlich. Die Frage ist nur: Warum tut Gott gelegentlich so Außergewöhnliches? Was sagt Er mit einem Wunder wie dem der Brotvermehrung?
Der Evangelist Johannes nennt selber einen ersten Grund: Um unseren Glauben auf die Probe zu stellen: Wo sollen wir für 5.000 Menschen Brot kaufen? Die Antwort auf diese Frage Jesu zeigt, wie unmöglich die Lage ist. Sollten alle auch nur ein wenig zu essen bekommen, brauchte man mindestens 200 Denare, das ist etwa der Jahreslohn eines Arbeiters. Woher so viel Geld nehmen, und wenn es da wäre, wie schnell soviel Brot finden in einer entlegenen Gegend?
Wunder sind Antworten Gottes auf Situationen, in denen der Mensch keine Lösung hat. Wir erleben unüberwindliche Grenzen. Und sollen lernen, darauf zu vertrauen, dass Gott größer ist. Wunder setzen Vertrauen und Glauben voraus. In unserer Geschichte zeigt sich das darin, dass die Jünger das Wenige, was ihnen zur Verfügung steht, die fünf Brote und die zwei Fische, nicht für sich auf die Seite tun, sondern hergeben, es Jesus ganz und ohne Reserve in die Hände legen. Sie hätten sich ja sagen können: Behalten wir uns wenigstens für uns ein bisschen etwas auf, wenn schon die anderen nichts zu essen haben. Jesus hat ihr Vertrauen belohnt, und so konnten alle genug zu essen bekommen.
Mich beeindruckt aber noch ein Drittes an diesem Wunder: Irgendwie lehrt es uns, auch für das Wunder des täglichen Brotes zu danken. Oft muss ich daran denken, dass es ja ganz und gar nicht selbstverständlich ist, genügend zu essen auf dem Tisch zu haben. Was ist dazu nicht alles notwendig! Gute Ernten und ein gewisser Wohlstand aller, eine gerechte Verteilung der Güter und friedliche Zeiten. Dass wir täglich unser Brot, unsere Nahrung erhalten, ist weiß Gott staunenswert. Wir nehmen es als Selbstverständlichkeit hin (und werfen täglich Unmengen an Lebensmitteln weg!). Heute soll uns das Evangelium nachdenklich machen, und vor allem dankbar für das Wunder des täglichen Brotes.
Danach ging Jesus an das andere Ufer des Sees von Galiläa, der auch See von Tiberias heißt. Eine große Menschenmenge folgte ihm, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat.
Jesus stieg auf den Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern nieder. Das Pascha, das Fest der Juden, war nahe. Als Jesus aufblickte und sah, dass so viele Menschen zu ihm kamen, fragte er Philippus: Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben? Das sagte er aber nur, um ihn auf die Probe zu stellen; denn er selbst wusste, was er tun wollte. Philippus antwortete ihm: Brot für zweihundert Denare reicht nicht aus, wenn jeder von ihnen auch nur ein kleines Stück bekommen soll. Einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu ihm: Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; doch was ist das für so viele!
Jesus sagte: Lasst die Leute sich setzen! Es gab dort nämlich viel Gras. Da setzten sie sich; es waren etwa fünftausend Männer. Dann nahm Jesus die Brote, sprach das Dankgebet und teilte an die Leute aus, so viel sie wollten; ebenso machte er es mit den Fischen.
Als die Menge satt war, sagte er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrig gebliebenen Brotstücke, damit nichts verdirbt. Sie sammelten und füllten zwölf Körbe mit den Stücken, die von den fünf Gerstenbroten nach dem Essen übrig waren.
Als die Menschen das Zeichen sahen, das er getan hatte, sagten sie: Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll.
Da erkannte Jesus, dass sie kommen würden, um ihn in ihre Gewalt zu bringen und zum König zu machen. Daher zog er sich wieder auf den Berg zurück, er allein.