Es geht ihm um die innere Reinheit und nicht um einen äußerlichen Reinlichkeitskult.
Es geht ihm um die innere Reinheit und nicht um einen äußerlichen Reinlichkeitskult.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium 22. Sonntag im Jahreskreis,
30. August 2009 (Mk 7,1-8.14-15.21-23)
Wie oft mussten wir als Kinder hören: „Hast du dir schon die Hände gewaschen?“, wenn es hieß zu Tisch zu gehen, zum Mittagessen zusammenzukommen. Hände waschen, Zähne putzen, Geschirr und Besteck sauber machen - all das ist völlig sinnvoll, ganz vernünftig. Und so hat man es uns als Kindern auch oft und oft wiederholt, bis es uns „in Fleisch und Blut“ überging, nicht ohne Tränen, Proteste, Wiederstände.
Und jetzt kommt Jesus und sagt, all das, was man uns da „eingetrichtert“ hat, ist Äußerlichkeit und Heuchelei, unnötiges Getue. Er erlaubt seinen Jüngern, dass sie sich mit ungewaschenen Händen zu Tisch setzen und Brot und Speisen mit ihren schmutzigen Fingern essen dürfen. Jesus - eine Art „Hippie“, wie wir sie in unseren jungen Jahren in der „68-er-Generation“ erlebten, mit langen, ungewaschenen Haaren, ungepflegter Kleidung, gegen alles, was in der Gesellschaft als „anständig“ und „gutbürgerlich“ galt?
Die „68-er-Bewegung“ suchte etwas Neues, Frisches, lehnte das Überkommene ab, protestierte gegen gesellschaftlichen Zwang und bürgerliche Enge. Nur sie hat nicht etwas Positives dem entgegengestellt. Vieles war einfach ein „Sich-gehen-lassen“. Die Lust wurde zum obersten Prinzip gemacht. Die „sexuelle Revolution“ war vor allem ein Niederreißen aller Schutzräume. Der „antibürgerliche Protest“ war oft ein Ausweichen vor der Mühsal der kleinen Tugenden des Alltags.
Worum ging es Jesus? Nichts gegen sinnvolle Hygienemaßnahmen! Er war nicht gegen Hände und Töpfe waschen, sondern gegen eine falsche Rangordnung. Es geht ihm um die innere Reinheit und nicht um einen äußerlichen Reinlichkeitskult. Deutlicher konnte er es nicht sagen: Nicht die schmutzigen Hände machen den Menschen unrein, sondern das böse Herz. Auf das Herz kommt es an: Das ist der Kern der Botschaft Jesu. Aus dem Herzen kommen die bösen Gedanken, die dann zu bösen Taten werden. „All das Böse kommt von innen“, sagt Jesus.
Die Frage ist nur: Wie kommen die bösen Gedanken ins Herz? Ist unser Herz selber eine Brutstätte des Bösen? Oder kommt all das Negative in unser Herz durch schlechte Einflüsse, Enttäuschungen, Verbitterung, Verletzungen? Also doch wieder von außen?
Dazu möchte ich zwei Überlegungen anbieten: Ja, vieles von dem, was Jesus nennt, kann durch schlechte Erfahrungen in unser Herz geraten: Neid, Verblendung, Ehebruch, Habgier, Hochmut, usw. Aber damit es in unser Herz hineinkommt, müssen wir es hereinlassen. Und wenn alle diese bösen und bitteren Gedanken einmal im Herzen Wurzel geschlagen haben, dann müssen wir, oft schmerzlich, darum kämpfen, sie wie Unkraut im eigenen Garten auszureißen. Wichtig ist nur, dass sie sich nicht im Herzen festsetzen.
Und ein Zweites: Noch nie hat die Menschheit so viel für äußerliche Reinlichkeit getan: Duschen, Bäder, Spülmittel, Reinigungsmittel - eine wahre Schlacht gegen allen äußerlichen Schmutz! Wenn wir nur annähernd so viel täten, um das Herz von allem Schmutz des Bösen zu reinigen, wie sauber, hell und freundlich wäre unsere Welt
Die Pharisäer und einige Schriftgelehrte, die aus Jerusalem gekommen waren, hielten sich bei Jesus auf. Sie sahen, dass einige seiner Jünger ihr Brot mit unreinen, das heißt mit ungewaschenen Händen aßen.
Die Pharisäer essen nämlich wie alle Juden nur, wenn sie vorher mit einer Hand voll Wasser die Hände gewaschen haben, wie es die Überlieferung der Alten vorschreibt. Auch wenn sie vom Markt kommen, essen sie nicht, ohne sich vorher zu waschen. Noch viele andere überlieferte Vorschriften halten sie ein, wie das Abspülen von Bechern, Krügen und Kesseln.
Die Pharisäer und die Schriftgelehrten fragten ihn also: Warum halten sich deine Jünger nicht an die Überlieferung der Alten, sondern essen ihr Brot mit unreinen Händen?
Er antwortete ihnen: Der Prophet Jesaja hatte Recht mit dem, was er über euch Heuchler sagte: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir.
Es ist sinnlos, wie sie mich verehren; was sie lehren, sind Satzungen von Menschen. Ihr gebt Gottes Gebot preis und haltet euch an die Überlieferung der Menschen. Dann rief er die Leute wieder zu sich und sagte: Hört mir alle zu und begreift, was ich sage:
Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein. Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord, Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Verleumdung, Hochmut und Unvernunft. All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.