Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium 24. Sonntag im Jahreskreis,
13. September 2009 (Mk 8,27-35)
Christen sind Menschen, die einen gewissen Jesus aus Nazareth in Galiläa im heutigen Staat Israel für den Messias halten. Das unterscheidet sie von anderen, die Jesus für einen Propheten halten (so der Koran, die Muslime) oder für eine besondere Persönlichkeit.
Die Christen halten Jesus für den Christus. Dieses griechische Wort heißt: der Gesalbte. Auf Hebräisch: der Messias. Christen also halten Jesus für den Gesalbten Gottes. Ihren Namen haben sie von ihm, dem Christus. „Der Gesalbte“ ist zum Eigennamen Jesu geworden: der Christus.
Jesus fragt heute im Evangelium: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Petrus antwortet darauf kurz und bündig: „Du bist der Messias!“ Warum verbietet dann Jesus sofort und energisch, mit irgendjemand darüber zu sprechen? Was ist so schlimm, so gefährlich an diesem einfachen Wort: „Du bist der Messias“?
Jesus war wohl deshalb so übervorsichtig mit dem Wort „Messias“, weil daran so große Hoffnungen geknüpft waren. Er wusste: Diese Erwartungen wird er bitter enttäuschen.
Im Judentum haben viele auf den Messias gewartet, gehofft. Wenn er kommt, der Gesalbte, der Gesandte Gottes, dann wird eine Zeit des Friedens, ein Reich der Gerechtigkeit anbrechen. Dann werden die Feinde besiegt, wird das Land befreit. Dann gibt es keine Tränen mehr, keine Sklaventreiber, keine hungernden Kinder, keine klagenden Mütter mehr.
Hatte Jesus Angst, diese Erwartungen nicht erfüllen zu können? Fürchtete er, dass er es nicht schaffen würde, ein solches Reich des Friedens aufzurichten? Dass dann seine Anhänger von ihm enttäuscht gewesen wären? Wollte er sozusagen als „Vorsichtsmaßnahme“, dass seine Anhänger nicht weitersagen sollten, dass er der verheißene Messias ist?
Der weitere Verlauf der Szene im heutigen Evangelium zeigt einen anderen Grund. Jesus sah sich selber als der Messias seines Volkes. Aber nicht so, wie ihn die Leute erwarteten. Er wollte die Menschen von Not, Leid, Tränen befreien. Aber welcher Weg führt zu dieser Befreiung? Ein Militärschlag gegen die Feinde (die Römer)? Ein politischer Machtwechsel? All das hat es in der Geschichte oft gegeben. Neue Machthaber versprachen das Blaue vom Himmel. Meist blieb es das alte Lied, manchmal verbesserten sich die Verhältnisse, oft wurden sie noch schlechter.
Nein, Jesus versprach kein Paradies auf Erden, aber einen Weg zum Himmel. Er zeigte den einzigen Weg, der die Verhältnisse wirklich wandelt: die Veränderung des eigenen Herzens. Und dieser Weg ist steinig, weil unsere Herzen so hart sind. Er, der Messias, ist diesen Weg vorangegangen. Er hat seine Feinde gesegnet, statt Hass zu predigen. Er hat die Spirale der Gewalt durch die Macht der Liebe durchbrochen. Dieser Durchbruch war sein Kreuz und seine Auferstehung. So ist er der Messias, der Christus, und nur auf diesem Weg verdienen wir, Christen genannt zu werden.
Petrus wollte das (noch) nicht wahrhaben. Deshalb die scharfe Zurechtweisung Jesu. Sie gilt uns allen, uns Christen, wenn wir vom Weg Jesu abweichen.
Jesus ging mit seinen Jüngern in die Dörfer bei Cäsarea Philippi. Unterwegs fragte er die Jünger: Für wen halten mich die Menschen?
Sie sagten zu ihm: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für sonst einen von den Propheten.
Da fragte er sie: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete ihm: Du bist der Messias! Doch er verbot ihnen, mit jemand über ihn zu sprechen. Dann begann er, sie darüber zu belehren, der Menschensohn müsse vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er werde getötet, aber nach drei Tagen werde er auferstehen. Und er redete ganz offen darüber.
Da nahm ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe. Jesus wandte sich um, sah seine Jünger an und wies Petrus mit den Worten zurecht: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.
Er rief die Volksmenge und seine Jünger zu sich und sagte: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen und um des Evangeliums willen verliert, wird es retten.