Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen!
Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen!
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium 28. Sonntag im Jahreskreis,
11. Oktober 2009 (Mk 10,17-30)
Das Evangelium vom „reichen Jüngling“ ist zu einem Symbol für einen Menschen geworden, der den Sprung nicht wagt und letztlich über sich enttäuscht und traurig zurückbleibt. Wie so oft ist auch diese Szene des Evangeliums ein Spiegel. Es tut uns gut hineinzuschauen.
Der junge Mann beeindruckt durch seinen Eifer. Er wirft sich vor Jesus auf die Knie und redet ihn mit Begeisterung an: „Guter Meister!“ Vielleicht ein bisschen zu viel Begeisterung. Jesus dämpft ihn herb. Er mag keine Schmeichelei. Trocken erinnert er den Mann daran, dass Gott alleine gut ist. Bei uns Menschen ist es immer ein Gemisch von Gut und Böse. Nicht bei Jesus, der Gott und Mensch ist. Aber bei uns anderen. Keiner ist einfach nur gut.
Auch die so fromme Frage des Mannes: „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“ findet kein begeistertes Echo bei Jesus: Du weißt es genau, was du zu tun hast, damit dein Leben hier auf Erden und nach dem Tod im Himmel gut gelingt: „Du kennst doch die Gebote!“ Halte die Gebote, und sie werden dich halten! Jesus hat also das stürmische Auftreten des jungen Mannes kräftig zurechtgestutzt.
Ich denke, das trifft auch heute noch zu. Vielleicht waren wir, die Älteren, zu denen ich mich zähle, in jungen Jahren auch schnell begeistert, mit viel Emotion, mit dem Eifer, „Bäume auszureißen“ und Tolles zu machen. Die etwas nüchternen Bemerkungen der Älteren sind dann schnell zur Hand: Sie holen uns auf den Boden der Wirklichkeit herunter.
Aber dann ist Jesus doch berührt von dem Eifer dieses jungen Mannes. Er meint es ehrlich, wenn er sagt, er habe von Jugend an Gottes Gebote gehalten. Und Jesus glaubt es ihm. Er sieht ihn liebevoll an, schaut tief in sein Herz und läd ihn ein, einen neuen, wirklich wagemutigen Schritt zu tun: Lass alles los, gib alles weg und komm mit mir, folge mir nach in völligem Gottvertrauen.
Da ging der junge Mann traurig weg, „denn er hatte ein großes Vermögen“. Weg ist die Begeisterung, zu schwer fällt ihm das Loslassen. So bleibt er bei seinem Vermögen, aber ohne Freude. Er hat die Chance nicht ergriffen, sich auf den Weg Jesu einzulassen.
Wie viele solche „reiche Jünglinge“ gibt es heute! Wir wundern uns, dass es bei uns nicht genug Nachwuchs für die Nachfolge Jesu als Priester, als Ordensfrauen, Mönche gibt. Es ist schwer, den gewohnten Wohlstand aufzugeben. Es fällt sehr schwer, die eigene Freiheit und Ungebundenheit loszulassen um sich ganz für den Dienst Jesu, für Gott und den Nächsten, binden zu lassen. Und so gibt es nicht wenige traurige Menschen bei uns, die wohl den Ruf gespürt hätten, den Sprung aber nicht gewagt haben.
Diese nennt Jesu „die Reichen“, für die es so schwer ist, ins Reich Gottes zu gelangen. Denn das geht nur durch loslassen. Und das fällt schwer. Aber Trost: Gott hilft dabei. Er macht es möglich. Mit Ihm gelingt es!
Als sich Jesus wieder auf den Weg machte, lief ein Mann auf ihn zu, fiel vor ihm auf die Knie und fragte ihn: Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?
Jesus antwortete: Warum nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott, dem Einen. Du kennst doch die Gebote: Du sollst nicht töten, du sollst nicht die Ehe brechen, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsch aussagen, du sollst keinen Raub begehen; ehre deinen Vater und deine Mutter! Er erwiderte ihm: Meister, alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt.
Da sah ihn Jesus an, und weil er ihn liebte, sagte er: Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach! Der Mann aber war betrübt, als er das hörte, und ging traurig weg; denn er hatte ein großes Vermögen.
Da sah Jesus seine Jünger an und sagte zu ihnen: Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! Die Jünger waren über seine Worte bestürzt. Jesus aber sagte noch einmal zu ihnen: Meine Kinder, wie schwer ist es, in das Reich Gottes zu kommen! Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.
Sie aber erschraken noch mehr und sagten zueinander: Wer kann dann noch gerettet werden? Jesus sah sie an und sagte: Für Menschen ist das unmöglich, aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.
Da sagte Petrus zu ihm: Du weißt, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Jesus antwortete: Amen, ich sage euch: Jeder, der um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird das Hundertfache dafür empfangen: Jetzt in dieser Zeit wird er Häuser, Brüder, Schwestern, Mütter, Kinder und Äcker erhalten, wenn auch unter Verfolgungen, und in der kommenden Welt das ewige Leben.