Willst du wirklich selber wissen, ob ich ein König bin?
Willst du wirklich selber wissen, ob ich ein König bin?
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Christkönigssonntag,
22. November 2009 (Joh 18,33b-37)
Papst Pius IX hat das Christ-Königs-Fest eingeführt. Es wird am letzten Sonntag des Kirchenjahres gefeiert, also heute. Denn nächsten Sonntag ist bereits Adventsbeginn (auch wenn schon längst überall „vorweihnachtliche“ Betriebsamkeit herrscht).
Christus, ein König? Einen Kaiser gab es bei uns 1925 nicht mehr. Die Zeit der mächtigen Monarchie war und ist vorbei. Was sollte das Bild von Christus als dem König? Ist es nicht längst überholt? Ich finde es spannend, zu beobachten, wie sehr das Bild vom König auch in unserer demokratischen Welt gegenwärtig ist. Michael Jackson wurde weltweit als „King of pop“ gefeiert. Und die amerikanische Kette, die zeigen will, dass sie die besten „Hamburger“ macht, nennt sich „Burger King“.
„König“ ist einfach ein Urbild. Den Löwen bezeichnen wir immer als den König im Tierreich, weil er so majestätisch ist, so souverän.
Ist Jesus Christus majestätisch? Ist er souverän? Wie er da vor Pilatus steht, dem Statthalter des mächtigsten Herrschers der damaligen Welt, des römischen Kaisers: ein Gefangener, ein Ohnmächtiger? Soll das ein König sein?
Pilatus fragt ihn, gar nicht spöttisch, sondern ehrlich: Bist du der König der Juden? So viel dürfte er vom jüdischen Volk gewusst haben, dass es voll Sehnsucht und Hoffnung auf einen verheißenen König wartete, auf den Messias, der es befreien sollte. Und er wusste, welchen politischen Sprengstoff diese Hoffnung enthielt.
Jesus antwortete Pilatus mit einer Gegenfrage: Sagst du das von dir aus, oder haben es dir andere über mich gesagt? Obwohl er als Gefangener dasteht, ist Jesus souverän, königlich in seiner Freiheit. Er weiß: Pilatus hat Macht über Leben und Tod. Er kann ihn freilassen oder zum Tod verurteilen. Jesus spricht in ihm nicht den mächtigen Statthalter an, sondern einfach den Menschen. Die Rollen haben sich plötzlich getauscht. Jesus stellt ihm die Frage, die sein Herz berührt.
Unversehens stehe ich selber vor Jesus, er stellt mir diese Frage: Willst du wirklich selber wissen, ob ich ein König bin? Oder wiederholst du nur das Gerede, die Schlagworte, die über mich im Umlauf sind?
Pilatus ist über diese ganz direkte, persönliche Frage erschrocken. Er blockt ab: diese Frage geht mich nichts an! Und doch bewegt sie ihn. Und wird ihn wohl sein Leben lang begleitet haben, das plagende schlechte Gewissen: Damals in Jerusalem habe ich wissend einen Unschuldigen zum Tode verurteilt.
Bin ich dein König? Diese Frage stellt Jesus mir. Nicht dein Tyrann, dein Diktator, sondern dein König! Blockst du ab? Oder sagst du Ja? Unter diesem König zu leben hat noch keiner bereut: Jesus, mein König!
Pilatus ließ Jesus rufen und fragte ihn: Bist du der König der Juden?
Jesus antwortete: Sagst du das von dir aus, oder haben es dir andere über mich gesagt?
Pilatus entgegnete: Bin ich denn ein Jude? Dein eigenes Volk und die Hohenpriester haben dich an mich ausgeliefert. Was hast du getan?
Jesus antwortete: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Aber mein Königtum ist nicht von hier.
Pilatus sagte zu ihm: Also bist du doch ein König?
Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.