Aber genau das sagt ja Weihnachten: Gott selber hat sich aufgemacht, um uns heimzusuchen.
Aber genau das sagt ja Weihnachten: Gott selber hat sich aufgemacht, um uns heimzusuchen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Hochfest der Geburt des Herrn,
24. Dezember 2007 - Lesejahr C -
Christmette (Lk 2,1-14 )
Heute Abend werde ich zuerst im Dom die erste Weihnachtsvesper feiern. Sie ist für mich der „Auftakt“ des Weihnachtsfestes. Mozarts Vesper wird von der Dommusik aufgeführt. Der Dom ist übervoll. Besonders bewegend ist immer der Psalm 117, der kürzeste Psalm: „Lobet den Herrn, alle Völker, preist ihn, alle Nationen! Denn mächtig waltet über uns seine Huld, die Freue des Herrn währt in Ewigkeit.“
Mozart hat diesen kurzen Psalm „Laudate Dominum“ wunderbar zart und bewegend vertont.
Dann schwebt dieses Lob, von einem Sopransolo gesungen, durch den Dom und lädt uns alle ein, in das weihnachtliche Lob der Engel einzustimmen.
In der anschließenden kleinen Weihnachtsfeier im Bischofshaus singe ich immer selber das Evangelium von der Geburt Jesu in Bethlehem. Ich freue mich jedes Jahr besonders auf diesen Moment. Mit der uralten eigenen Melodie singe ich dann von Maria, die ihr Kind gebar und es in eine Futterkrippe legen musste, „weil in der Herberge kein Platz für sie war“. Ich singe von den Hirten auf dem Feld, denen Gottes Engel die große Freude mitteilt: „Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren“. Und um es den Hirten ein wenig gleichzutun, verehren auch wir dann das Christkind, das unter dem Christbaum in seiner Krippe liegt.
Später am Abend folgt dann die Christmette, an der viele Menschen teilnehmen, die sonst unter dem Jahr wenig zur Kirche gehen. Ich liebe diese nächtliche Messe ganz besonders. Sie erinnert mich an meine Kindheit und Jugend, wenn wir, meist durch klirrende Kälte, um Mitternacht zur Kirche gingen (die ebenfalls bitter kalt war), die übervoll war, wie sonst nie.
Aber die häusliche Weihnachtsfeier hat es mir besonders angetan. Es ist nicht mehr das Gefühl, das wir als Kinder bei der „Bescherung“ hatten, wenn „das Christkind kam“. Heute ist es vielmehr die Dankbarkeit, dass wir wieder ein Weihnachten in Frieden feiern dürfen. An diesem heutigen Abend, den wir als einzigen des Jahres den „Heiligen Abend“ nennen, gehen meine Gedanken zu denen, die nicht wie ich ein friedvolles Weihnachten feiern können.
Ich denke an Bethlehem selber, das eine extrem schwierige Situation erlebt: Umgeben von der riesigen Schutzmauer des Staates Israel wirkt Bethlehem fast wie ein großes Gefangenenlager. Dramatisch ist der Rückgang der christlichen Bevölkerung. Sie waren einmal 80% Sie sind auf 10% geschrumpft, besonders durch Auswanderung. Sie sehen für sich und ihre Kinder keine Zukunft in Bethlehem. Ich denke an die vielen herbergsuchenden Menschen. Heute dürfen, ja sollen wir der vielen Flüchtlinge überall in der Welt gedenken. Josef und Maria haben ihr Schicksal geteilt, als sie schon bald nach seiner Geburt mit dem Kind nach Ägypten flüchten mussten, weil Herodes es umbringen wollte. Ich denke an die Vielen, die seelisch herberglos sind. Sie haben meist, was sie zum Leben brauchen, aber es fehlt an Geborgenheit, an Liebe, an seelischer Beheimatung. Ich denke an die, für die Weihnachten ein Stress ist, weil sie Beziehungsprobleme haben, berufliche Sorgen, oder sonst wie mit dem Leben ihre Not haben.
Fühle ich mich nicht etwas ohnmächtig all dieser Not gegenüber? Gewiss, ich kann sie nicht lösen. Aber genau das sagt ja Weihnachten: Gott selber hat sich aufgemacht, um uns heimzusuchen. Und dann bitte ich Jesus, Er selbst soll als Christuskind allen Menschen Seinen Trost schenken. Schon heute abend!
In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum ersten Mal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.
So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete.
Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.
In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.
Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.
Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.