Etwas aber macht sie besonders, hebt sie hervor: Das Menschenkind Jesus ist zugleich Gotteskind.
Etwas aber macht sie besonders, hebt sie hervor: Das Menschenkind Jesus ist zugleich Gotteskind.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Fest der Heiligen Familie,
27. Dezember 2009 (Lk 2,41-52)
In zahllosen Darstellungen sehen wir sie dieser Tage: die Heilige Familie! Maria, die entbunden hat. Das Jesuskind, das in der Krippe liegt. Josef, der beide bewacht. Die Kernfamilie: Vater, Mutter, Kind! Bis heute ist es so, trotz aller Veränderungen. Und wird wohl auch in Zukunft so bleiben. Nichts kann einfach die Familie ersetzen.
Heute feiert die Kirche das Fest der Heiligen Familie. Es ist eine Familie wie jede andere, mit den Sorgen des Alltags, mit viel Arbeit und trotzdem bleibender Armut. Mit den Freuden eines guten Miteinanders, mit der Kraft des gemeinsamen Glaubens. Eine Familie „zum Anfassen“, eingebunden in eine große Verwandtschaft, in den Verband einer Dorfgemeinschaft. In Nazareth lebten (verarmte) Nachkommen des Königshauses Davids. Joseph war einer von ihnen. In diesem Ort wuchs Jesus heran, im Glauben seiner jüdischen Familie, mit dem Handwerk seines Vaters. Joseph, wie später auch Jesus, als er den Zimmereibetrieb übernahm, musste mit allem zurechtkommen, was heute noch einen Handwerker beschäftigt: Aufträge bekommen, Kostenvoranschläge ausarbeiten, Material einkaufen, die Mitarbeiter bezahlen, mit der Konkurrenz zurechtkommen. All das gehörte zum Alltag der Heiligen Familie.
Etwas aber macht sie besonders, hebt sie hervor: Das Menschenkind Jesus ist zugleich Gotteskind. Nicht wie wir alle irgendwie Kinder Gottes sind. Sondern in einer einzigartigen Weise: Jesus war und ist wirklich der Sohn Gottes. Das macht diese Familie einzigartig. Gott lebt als Menschenkind in einer menschlichen Familie. Ein wirkliches menschliches Leben, als Kind, als Jugendlicher, als Erwachsener. Und lebt zugleich ein inneres Leben mit Gott, den er Vater nennt.
Die Wallfahrt nach Jerusalem macht das offenkundig. Jesus, 12 Jahre alt, also damals an der Schwelle zur Mündigkeit, bleibt in Jerusalem zurück, macht sich selbständig, ohne die Eltern zu fragen. Als sie es merken, sind sie schon eine Tagesreise weg von Jerusalem, am Heimweg. Zurück nach Jerusalem, angstvolles Suchen in der von Pilgern überquellenden Stadt. Endlich, nach drei Tagen (und wohl schlaflosen Nächten) finden sie ihn im Tempel, mitten unter den Gelehrten sitzend.
„Kind, warum hast du uns das angetan? Dein Vater und ich haben dich voll Angst gesucht.“ Die Antwort musste wie ein Schock wirken: „Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?“
Jesus gehört seiner Familie. Er war ihr gehorsam, hat sie geliebt, alles für sie getan. Und doch war das nicht alles. Er nannte nicht nur Joseph seinen Vater, sondern auch Gott. Ganz real. Ihm gehörte sein Leben. Zuerst kommt Gott, dann kommen die Eltern. Zuerst der Wille seines Vaters, dann die Wünsche seiner Familie.
„Die Zukunft der Menschheit liegt in der Familie“, sagte Papst Johannes Paul II. Aber die Familie ist auch der Ort vieler Wunden. Hass und Streit. Wo Gott an erster Stelle steht, da wird auch die Familie heil. Da kann jede Familie ein wenig eine heilige Familie werden. Darum beten wir heute!
Die Eltern Jesu gingen jedes Jahr zum Paschafest nach Jerusalem. Als er zwölf Jahre alt geworden war, zogen sie wieder hinauf, wie es dem Festbrauch entsprach.
Nachdem die Festtage zu Ende waren, machten sie sich auf den Heimweg.
Der junge Jesus aber blieb in Jerusalem, ohne dass seine Eltern es merkten. Sie meinten, er sei irgendwo in der Pilgergruppe, und reisten eine Tagesstrecke weit; dann suchten sie ihn bei den Verwandten und Bekannten.
Als sie ihn nicht fanden, kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten ihn dort.
Nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel; er saß mitten unter den Lehrern, hörte ihnen zu und stellte Fragen. Alle, die ihn hörten, waren erstaunt über sein Verständnis und über seine Antworten.
Als seine Eltern ihn sahen, waren sie sehr betroffen, und seine Mutter sagte zu ihm: Kind, wie konntest du uns das antun? Dein Vater und ich haben dich voll Angst gesucht.
Da sagte er zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört? Doch sie verstanden nicht, was er damit sagen wollte.
Dann kehrte er mit ihnen nach Nazareth zurück und war ihnen gehorsam. Seine Mutter bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen. Jesus aber wuchs heran, und seine Weisheit nahm zu, und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen.