So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag.
So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Hochfest der Gottesmutter Maria,
1. Januar 2010 (Lk 2,16-21))
Das neue Jahr ist noch ganz jung. Was wird es bringen? Mir persönlich? Uns allen? Unserem Land? Und der Welt, die inzwischen so zusammengewachsen ist, dass man sie das „global village“, das „Weltdorf“ nennt? Wir wissen es nicht. Wir haben Hoffnungen und Erwartungen, die manchmal auch Befürchtungen sind.
Was wird das neue Jahr bringen? Steht es in den Sternen? Manche glauben das, lassen sich ihr Horoskop für 2010 aufstellen. Etwas billiger, aber ungenauer ist es, die verschiedenen Horoskope in den Zeitungen zu lesen. Steht unser Schicksal wirklich in den Sternen? Bin ich durch das Sternzeichen bestimmt, unter dem ich geboren wurde? Hängt mein Geschick von so äußerlichen Dingen ab?
Zum Teil schon. Mein Temperament habe ich mit auf den Weg bekommen. Und manches ist genetisch vorprogrammiert, bei mir etwa der Haarausfall. Vieles wird durch Erziehung, Umwelt, äußere Einflüsse mitgeprägt. Vielleicht auch einiges durch die Gestirne.
Aber all das heißt nicht, dass ich bis ins Letzte festgelegt und total vorprogrammiert bin. Alle diese Prägungen sind Mitgift und Auftrag zugleich, und es liegt sehr an mir selber, was ich daraus mache.
Einen wunderbaren Wegweiser für die Gestaltung unseres Lebens finden wir im Evangelium Jesu. Es ist eine große Freude, dass ich nun schon seit fast neun Jahren Sonntag für Sonntag und auch an den Feiertagen die Möglichkeit habe, in der „Kronen-Zeitung“ das Evangelium des Tages zu betrachten und als Hilfe für ein erfülltes Leben auszulegen. Ich bin Hans Dichand und den Verantwortlichen der „Kronen-Zeitung“ sehr dankbar, dass sie so dem Evangelium Raum geben und vielen die Chance, mit dem Wort Gottes in direkten Kontakt zu kommen.
Wie sollen wir das Evangelium betrachten? Immer möglichst konkret, anschaulich. Sich die Szene vorstellen, als wären wir dabei, als würden wir es selber erleben.
Heute sind es vier kleine Szenen. Jede kann uns Wegweiser und Lebenshilfe sein. Da sind zuerst die Hirten. Sie eilen hinauf nach Bethlehem, um zu sehen, ob das, was die Engel ihnen gesagt haben, auch stimmt. Und als sie es so finden, erzählen sie, was sie über dieses Kind gehört haben. Erzählen, was wir gehört haben, berichten, was wir erlebt haben: das tun wir täglich. Tun wir es auch über unseren Glauben? Trauen wir uns, davon zu erzählen, was wir an Glaubenserfahrungen gemacht haben? Wo wir Gottes Wirken gespürt haben? Das wäre so notwendig.
Die zweite Szene zeigt uns Maria, die alle diese Ereignisse im Herzen bewahrt und bedenkt. Wie wichtig, nicht einfach im Strudel der Ereignisse weiter zu hasten. Innehalten. Die Dinge überdenken. Sich fragen, was Gott uns durch die Ereignisse sagen will. Wie gut tun solche Momente der Meditation, des Gebets! Da kann sich so vieles klären!
Die dritte Szene: Die Hirten kehren voll Freude zu ihren Herden zurück. Was tun sie? Sie preisen Gott. Sie danken ihm. Sie „rühmen Gott“! Wie oft vergessen wir die einfache Dankbarkeit Gott gegenüber. Gott loben: das gibt dem Leben Licht und Weite! Nie danken wir Ihm genug!
Die vierte Szene: Heute sind es acht Tage seit Weihnachten. Nach jüdischem Brauch wird der Bub beschnitten. Die grausame Unsitte, Mädchen zu beschneiden, kennt das Judentum nicht. Jesus ist Jude. Als Jude wächst er auf und lebt er. Für uns heißt das: nie dürfen wir vergessen, dass wir als Christen jüdische Wurzeln haben. Es sind die Wurzeln Josephs, Marias, Jesu. Sie tragen auch uns, bis heute.
So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über die Worte der Hirten.
Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach. Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten; denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war.
Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, noch ehe das Kind im Schoß seiner Mutter empfangen wurde.