Wer gläubig wird, glaubt Jesus, vertraut Jesus sein Leben an, baut sein Leben auf ihn.
Wer gläubig wird, glaubt Jesus, vertraut Jesus sein Leben an, baut sein Leben auf ihn.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 3. Sonntag im Jahreskreis,
24. Jänner 2010 ( Lk 1,1-4; 4,14-21)
Erzähl keine Geschichten! Wer das einem anderen sagt, meint damit: was du da erzählst, das glaube ich dir nicht. Es klingt unglaubwürdig, erfunden, oder gar erlogen. Ich glaube dir nicht, dass deine Geschichten wahr sind, dass sie sich wirklich so zugetragen haben. Die Geschichte sieht in Wirklichkeit ganz anders aus.
Erzählen die Evangelien Geschichten oder Geschichte? Erfundenes oder wirklich Geschehenes? Diese Frage wird heute oft gestellt. Sensationsnachrichten geistern gerne durch die Medien: In Wirklichkeit sei es ganz anders gewesen als die Evangelien über Jesus sagen. Da kann man zum Beispiel lesen, dass Jesus gar nicht am Kreuz gestorben sei, sondern überlebt habe und mit Frau und Kindern im fernen Indien alt geworden sei. Es gebe sogar dort sein Grab. Und natürlich dürfen die Spekulationen über seine angebliche Liebesgeschichte mit Maria Magdalena nicht fehlen.
Die Evangelien – fromme Geschichten über Jesu, die die wirkliche Geschichte zudecken? Heute wird im Sonntagsgottesdienst der Anfang des Lukasevangeliums gelesen. Lukas war von Beruf Arzt. Er hat den Apostel Paulus auf seinen Missionsreisen zeitweise begleitet und darüber sehr anschaulich als Augenzeuge berichtet. Wer sich davon ein Bild machen will, lese den Bericht des Lukas vom Schiffbruch, den sie im Mittelmeer erlitten und aus dem sie gerettet wurden. Zu finden in der Apostelgeschichte, Kapitel 27.
Lukas war als Arzt gewöhnt, genau hinzuschauen. Ein Arzt kann sich nicht mit Geschichten zufrieden geben. Er braucht eine genaue Krankengeschichte. Dazu gehört zuerst einmal die sogenannte Anamnese: wie sieht die Geschichte des Patienten aus? Was ist im Einzelnen wirklich geschehen?
Lukas widmet sein Evangelium einem gewissen Theophilus, über den wir nichts Näheres wissen. Sicher ist nur, dass Lukas ihm zeigen will, wie zuverlässig die Geschichte von Jesus ist, die er gehört hat, wie sehr er sich auf das verlassen kann, was ihm über die Lehre Jesu gesagt worden ist.
Ich kann mir gut vorstellen, wie das damals, in den ersten Jahrzehnten nach Jesus, vor sich gegangen ist. Es gab noch Augenzeugen. Es lebten noch Menschen, die Jesus selber erlebt hatten. Die Neuen, die zur Kirche dazukamen, wollten natürlich möglichst genau wissen, wie es wirklich war. Und so wurde auch mancher Augenzeugenbericht aufgeschrieben, weitergereicht.
Lukas kam erst später dazu. Er war kein Augenzeuge. Er kannte nur die, die Jesus erlebt hatten. Aber er hat sich nicht nur für ihre Erzählungen interessiert. Er ist systematisch darangegangen, die Ereignisse genau und der Reihe nach aufzuschreiben. Und er ist dabei fündig geworden. Wir verdanken ihm einige der schönsten, wichtigsten Berichte über das, was Jesus getan und gelehrt hat.
Warum ich das alles so ausführlich darstelle? Aus einem einfachen Grund: Wer gläubig wird, glaubt Jesus, vertraut Jesus sein Leben an, baut sein Leben auf ihn. Da ist es schon wichtig, zu wissen, ob ich nur Geschichten erzählt bekomme oder wirkliche Geschichte. Ich möchte wissen, ob ich vertrauen kann. Ich kann es. Und ich tue es.
Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat. Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren.
Nun habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen, um es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben. So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest.
Jesus kehrte, erfüllt von der Kraft des Geistes, nach Galiläa zurück. Und die Kunde von ihm verbreitete sich in der ganzen Gegend. Er lehrte in den Synagogen und wurde von allen gepriesen.
So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war, und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge. Als er aufstand, um aus der Schrift vorzulesen, reichte man ihm das Buch des Propheten Jesaja.
Er schlug das Buch auf und fand die Stelle, wo es heißt: Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe. Dann schloss er das Buch, gab es dem Synagogendiener und setzte sich.
Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet. Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.