Fasten soll Leib und Seele neu frei machen für die Begegnung mit Gott. Sie ist das Ziel.
Fasten soll Leib und Seele neu frei machen für die Begegnung mit Gott. Sie ist das Ziel.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 2. Fastensonntag,
28. Februar 2010 (Lk 9,28b-36)
Was wissen wir heute vom Fasten? Von Fastenkuren haben wir gehört. Sie sind Teil moderner Fitnessangebote, gehören zu Wellnessprogrammen. Viele von uns sind übergewichtig. Abnehmen ist ein Dauerthema. Wir kämpfen gegen die Kilos, die wir zu viel haben. Und können es uns schwer vorstellen, was es heißt, an Unterernährung zu leiden. Wir haben alle Bilder von hungernden Kindern gesehen. Viele spenden daher auch großherzig, um den Hunger der Ärmsten zu lindern.
Wenn ich gelegentlich gefragt werde, welchen religiösen Sinn das Fasten habe, stelle ich bei den Fragenden oft Ratlosigkeit und Unwissen fest. Dabei wird Fasten in allen Religionen als wichtiger Bestandteil religiöser Praxis verstanden. Haben wir Christen unsere eigene Fastentradition verlernt? Beim Wort Fasten fällt uns am ehesten der Ramadan ein, der Fastenmonat des Islam. Aber christliches Fasten, wie sieht das aus?
Früher haben Katholiken an allen Freitagen kein Fleisch gegessen. Heute sind nur mehr der Aschermittwoch und der Karfreitag als strenger Fastentag übriggeblieben. An „normalen“ Freitagen sind wir eingeladen, ein persönliches „Fastenopfer“ zu bringen, nach eigener Wahl. Das hat dazu geführt, dass der Freitag als Fasttag fast völlig aus dem Bewusstsein verschwunden ist.
Es wird ein langer Weg sein, den Sinn des christlichen Fasten neu zu entdecken. Wer einen Weg finden will, muss um das Ziel wissen. Was ist das Ziel des christlichen Fastens? Nicht die Kalorienbeschränkung und nicht die Kiloabnahme. Fasten soll Leib und Seele neu frei machen für die Begegnung mit Gott. Sie ist das Ziel. Das Fasten ist eines der drei Mittel, die die Bibel dazu nennt: Beten, Fasten, Almosen geben, das heißt den Armen helfen.
Wunderschön ist im heutigen Evangelium das Ziel des Weges gezeigt: die „Verklärung“! Was sich damals auf dem hohen Berg Tabor in Galiläa getan hat, dass soll auch für uns wirklich werden.
Normalerweise sahen die Leute in Jesus einfach einen Menschen wie sie selber, sicher mit einer gewissen Ausstrahlung, aber eben doch ein Mensch unter anderen. Ausnahmsweise durften drei der Apostel einmal, damals am Berg Tabor, sehen, welche Strahlkraft in Jesus war. Es war wie ein plötzliches Hervorbrechen des Lichtes, dass ihn innerlich erfüllte: das Licht seiner Gottheit. So begann sein Gesicht zu leuchten und alles war von strahlendem Licht erfüllt. Gott zeigte sich in Jesus. Gottes Glanz auf Jesu Antlitz!
Das ist im Grunde der Sinn des christlichen Fastens: den Raum für Gott in uns wieder freizubekommen. Fasten heißt verzichten, bewusst und gezielt. Christliches Fasten heißt: bewusst und gezielt auf Dinge zu verzichten, die Leib und Seele belasten und unfrei machen.
Jesus ging auf den Berg, um zu beten. Nichts macht die Seele freier und lichter als das Beten. Dazu braucht es Zeiten der Stille wie Jesus sie am Berg suchte und fand. Verzicht auf zu viel Essen, auf Konsum von Fernsehen und Computer schafft Raum für die Begegnung mit Gott. Teilen mit den Notleidenden macht frei von Anhänglichkeit ans Geld. Bei Jesus eine gute Fastenkultur lernen: das gibt eine neue Ausstrahlung.
In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Johannes und Jakobus beiseite und stieg mit ihnen auf einen Berg, um zu beten.
Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes, und sein Gewand wurde leuchtend weiß. Und plötzlich redeten zwei Männer mit ihm. Es waren Mose und Elija; sie erschienen in strahlendem Licht und sprachen von seinem Ende, das sich in Jerusalem erfüllen sollte.
Petrus und seine Begleiter aber waren eingeschlafen, wurden jedoch wach und sahen Jesus in strahlendem Licht und die zwei Männer, die bei ihm standen. Als die beiden sich von ihm trennen wollten, sagte Petrus zu Jesus: Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Er wusste aber nicht, was er sagte.
Während er noch redete, kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf sie. Sie gerieten in die Wolke hinein und bekamen Angst.
Da rief eine Stimme aus der Wolke: Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören. Als aber die Stimme erklang, war Jesus wieder allein.
Die Jünger schwiegen jedoch über das, was sie gesehen hatten, und erzählten in jenen Tagen niemand davon.