Schau, wie geduldig Gott mit dir ist. Noch einmal gibt er dir eine Chance. Fang neu an! Kehr um! Und urteile nicht über die anderen!
Schau, wie geduldig Gott mit dir ist. Noch einmal gibt er dir eine Chance. Fang neu an! Kehr um! Und urteile nicht über die anderen!
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 3. Fastensonntag,
7. März 2010 (Lk 13,1-9)
War das Erdbeben in Haiti eine Strafe Gottes? Oder der Tsunami? Ist der Tod so vieler Menschen eine Strafe Gottes dafür, dass die betroffenen Menschen besondere Sünder waren? Ist Aids eine Strafe Gottes? Dafür, dass Menschen sich nicht an die Gebote Gottes hielten?
Immer wieder tauchen solche Fragen auf. Auch im ganz persönlichen Leben. Straft mich Gott durch eine Krankheit? Durch den Tod eines lieben Menschen? Straft er mich dafür, dass ich in meinem Leben gesündigt habe?
Diese Fragen haben sich Menschen seit eh und je gestellt. So auch damals in Galiläa, als Leute zu Jesus kamen und ihm eine schreckliche Nachricht brachten: Pilatus, der römische Statthalter, hat in Jerusalem im Tempel einige Pilger aus Galiläa brutal umbringen lassen, während des Gottesdienstes. Dahinter stand wohl die Frage: Wie kann Gott so etwas zulassen? War das eine Strafe Gottes? Hatten diese Pilger gesündigt? Hatten sie Strafe verdient?
Jesus schneidet energisch solche Gedanken ab. Seine Antwort ist ganz klar und entschieden: „Meint ihr, dass nur diese Galiläer Sünder waren, weil das mit ihnen geschehen ist, alle anderen Galiläer aber nicht?“ Wir könnten die Gegenfrage Jesu weiterverfolgen: Meint ihr, nur die, die sich mit Aids angesteckt haben, waren Sünder, alle anderen aber nicht? Meint ihr, nur die Erdbebenopfer waren Sünder, alle Überlebenden aber nicht?
Und jetzt wird es ganz persönlich: Meinst du, weil es dich nicht getroffen hat, du seist besser, du seist kein Sünder? Meinst du, dass jeder Unfall, jede Krankheit nur deshalb jemanden trifft, weil er besonders gesündigt hat, und dass du ohne Sünden bist, weil es dich nicht getroffen hat?
Jetzt sind wir im Herzen der Sache. Jesus lädt uns ein, bei uns selber nachzusehen: Die Nachricht von dem grausamen Massaker in Jerusalem müsste dich persönlich nachdenklich machen. Und ebenso die andere Nachricht, dass 18 Menschen ums Leben gekommen sind, als der Turm beim Teich Schiloach in Jerusalem einstürzte.
„Wenn ihr euch nicht bekehrt, werdet ihr genauso umkommen!“ Das ist die Lehre, die Jesus aus den neuesten Nachrichten zieht. Wir können sie täglich bei uns selber erproben. Keiner von uns ist vor Unglück sicher. Jedem kann ähnliches passieren. Statt über die Frage zu spekulieren, wer da vielleicht gesündigt hat, sollten wir uns ganz persönlich fragen: Und wie steht es um mich? Was, wenn mich heute ein Erdbeben trifft? Oder ein anderes Unglück?
Jesus schiebt die Frage nach der Strafe entschieden beiseite. Er zeigt uns ein anderes Bild von Gott, von seinem und unserem Vater. Wie so oft nimmt er dazu ein Gleichnis: Im Weinberg steht ein Feigenbaum. Seit Jahren trägt er keine Frucht. Weg mit ihm, sagt sich der Weinbergbesitzer. Er nimmt dem Boden unnötig Kraft weg. Geduld! sagt der Arbeiter im Weinberg. Ich will es noch einmal versuchen. Umgraben, düngen. Vielleicht erholt er sich und bringt Frucht.
Gottes große Geduld! Frag nicht: Warum Erdbeben? Warum Tsunami? Warum Aids? Schau, wie geduldig Gott mit dir ist. Noch einmal gibt er dir eine Chance. Fang neu an! Kehr um! Und urteile nicht über die anderen!
Zu jener Zeit kamen einige Leute zu Jesus und berichteten ihm von den Galiläern, die Pilatus beim Opfern umbringen ließ, so dass sich ihr Blut mit dem ihrer Opfertiere vermischte.
Da sagte er zu ihnen: Meint ihr, dass nur diese Galiläer Sünder waren, weil das mit ihnen geschehen ist, alle anderen Galiläer aber nicht?
Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt.
Oder jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms von Schiloach erschlagen wurden - meint ihr, dass nur sie Schuld auf sich geladen hatten, alle anderen Einwohner von Jerusalem aber nicht? Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt.
Und er erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine. Da sagte er zu seinem Weingärtner: Jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen?
Der Weingärtner erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er doch noch Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen.