Wenn du dein Leben loslässt, wirst du es gewinnen. Wenn du es verlierst, wirst du es retten!
Wenn du dein Leben loslässt, wirst du es gewinnen. Wenn du es verlierst, wirst du es retten!
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium 12. Sonntag im Jahreskreis,
20. Juni 2010 (Lk 9,18-24)
Die meisten Leute in Österreich glauben irgendwie an Gott. „Irgendetwas“ gibt es, so ist oft zu hören. Helmut Qualtingers „Herr Karl“ sprach da für viele, wenn er sagte: „Ich glaube an eine höhere Macht, die uns lenkt und leitet“. Aber wer ist dieses „Irgendetwas“? Was ist diese „höhere Macht“?
Die Zeit Jesu war eine durch und durch religiöse Zeit. „Man“ glaubte einfach an Gott, das Göttliche, an Götter. Das Judentum war eine Ausnahme. Die Juden glaubten und glauben ganz strikt an den einen Gott, den alleinigen Schöpfer der Welt, neben dem es keine Götter geben kann. Er allein ist Gott. Für diesen Glauben waren sie bereit, Verfolgung auf sich zu nehmen. Die Vielgötterei war ihnen ein Greuel. Und umgekehrt warfen die „Heiden“ den Juden vor, sie seien zu eng, zu ausschließlich, sie seien intolerant gegen die anderen Religionen, die viele Götter verehrten. Wer in der Bibel die beiden Makkabäerbücher liest, wird bewegende Zeugnisse von Juden finden, die für ihren Glauben an den einen Gott schreckliche Martern erlitten. Die Treue zu Gott war ihnen wichtiger als die Rettung des eigenen Lebens.
Mit dem Auftreten Jesu kam eine neue Frage auf: wer bist du? Du sagst, dass Gott dein Vater ist. Du nennst dich selber seinen Sohn. Du beanspruchst, Ihm ganz nahe zu sein, in Seinem Namen zu handeln und zu sprechen. Wer bist du?
Heute stellt Jesus selber diese Frage: Für wen halten mich die Leute? Die Jünger Jesu berichten ihm, was „man“ so redet, was die Leute über ihn sagen: Ein Prophet sei er! Vielleicht einer der Propheten der alten Zeit, wie Elija, der ja wiederkommen soll, nach jüdischer Erwartung.
Dann aber stellt Jesus ihnen selber ganz direkt die Frage: Wer bin ich für euch? Für wen haltet ihr mich? Die Frage klingt nach bis heute: Wer ist Jesus für uns? Für mich? Nicht eine allgemeine Antwort ist gefragt, sondern eine ganz persönliche. Ja, wer ist Jesus für mich? Petrus gibt seine Antwort. Welche gebe ich? Petrus sagt: Für mich bist du der Messias Gottes! Messias, das heißt: der Gesalbte, auf griechisch: Christus. Du bist der Gesalbte Gottes!
Was bedeutete das für Petrus? Was für mich, der ich mich als Christ bezeichne, also als einer, der zu Christus gehört? Christ sein heißt nicht nur „irgendwie“ an Gott glauben, sondern vor allem, dem Messias, Christus, nachfolgen. Und das heißt zuerst, den Weg mit ihm gehen: „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach“.
Sehr verlockend klingt diese Einladung nicht. Wenn Christsein so aussieht, was Wunder, dass viele es bevorzugen, einfach allgemein an eine höhere Macht zu glauben, als sich auf einen solchen Kreuzweg einzulassen. Aber Jesus verspricht, dass dieser Weg sich lohnt. Seltsames Versprechen: Wenn du dein Leben loslässt, wirst du es gewinnen. Wenn du es verlierst, wirst du es retten!
Wie „funktioniert“ das? Im Grunde ganz einfach: Die Liebe lässt los. Sie klammert sich nicht an sich selber. Sie denkt nicht nur an die eigene „Selbstverwirklichung“. „Sich selbst verleugnen“ heißt: sich nicht zum Mittelpunkt von allem zu machen. Das kann ganz schön schwer sein. Aber es macht glücklich. Christus zeigt, wie es geht!
Jesus betete einmal in der Einsamkeit, und die Jünger waren bei ihm.
Da fragte er sie: Für wen halten mich die Leute? Sie antworteten: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija; wieder andere sagen: Einer der alten Propheten ist auferstanden.
Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Petrus antwortete: Für den Messias Gottes. Doch er verbot ihnen streng, es jemand weiterzusagen.
Und er fügte hinzu: Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er wird getötet werden, aber am dritten Tag wird er auferstehen.
Zu allen sagte er: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten.