Alles, was aus Liebe und in Liebe getan wird, das überlebt den Tod, ist wertbeständig auch für das ewige Leben.
Alles, was aus Liebe und in Liebe getan wird, das überlebt den Tod, ist wertbeständig auch für das ewige Leben.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium 18. Sonntag im Jahreskreis,
1. August 2010 (Lk 12,13-21)
Mitten im Sommer eine erste Nachricht! Mitten in der Ferienzeit ein mahnendes Wort Jesu. Ist er ein ständiger Spaßverderber mit seinen dauernden Reden von Tod und Gericht? Dürfen wir nicht einfach einmal den Urlaub genießen? Ja, wir dürfen es! Wir sollen es! Dankbar sein für jeden Tag der Erholung, der uns geschenkt ist. Froh sein darüber, dass es eine solche Zeit der Entspannung gibt.
Jesus will diese Freude nicht verderben. Er verhilft vielmehr zu echter Freude, die nicht so leicht zu zerstören ist. Sehen wir uns die Szene an: Jemand bittet Jesus um Vermittlung in einem Erbstreit. Es gibt kaum bitterere Konflikte in Familien als wenn um es um Erbschaften geht. Da können Familien auf Jahrzehnte hinaus gespaltet werden, in bitteren gegenseitigen Hass geraten. Und immer dreht sich alles ums Geld!
Jesus verweigert sich. In diese Streitereien lässt er sich nicht hineinziehen. Sie sind ihm zutiefst zuwider. „Hütet euch vor jeder Art von Habgier!“ Was soll dieses Gieren und Geiern nach noch mehr Haben? Was nützt das Anhäufen von Besitz, wenn du morgen schon tot sein kannst?
Lehrt Jesus also, dass wir uns alles gefallen lassen müssen? Sollen wir uns in Erbangelegenheiten von den „lieben Verwandten“ über den Tisch ziehen lassen? Wehrlos bleiben? Nicht um unser gutes Recht kämpfen?
Ich glaube, Jesus gibt uns heute zwei lebenswichtige Lehren. Die erste heißt: memento mori! Mensch, denke daran, dass du sterben musst! Du weißt sicher, dass es sein wird, nur nicht wann es sein wird. Es kann schon heute Nacht geschehen. Wer nie an seinen Tod denkt, den nennt Jesus einen Narren. Denn schon die Vernunft sagt mir, dass „Bruder Tod“ (so nennt ihn der hl. Franz von Assisi) auf mich wartet.
Die erste Lehre also besagt, dass wir stets daran denken sollen: „Wir sind nur Gast auf Erden und wandern ohne Ruh mit mancherlei Beschwerden der ewigen Heimat zu“ (so beginnt ein Kirchenlied, das mir besonders lieb ist). Jesus aber bleibt nicht beim Tod stehen. Für ihn ist der Tod Durchgang, nicht Ende: „Sammelt euch Schätze im Himmel, die nicht von Motten zerfressen werden“, sagt er immer wieder.
Jede Bank wirbt heute mit „bleibenden Werten“. Aber wirklich bleibt nur, was uns „vor Gott reich“ macht: die guten Werke! Alles, was aus Liebe und in Liebe getan wird, das überlebt den Tod, ist wertbeständig auch für das ewige Leben.
Die zweite Lehre folgt daraus: Habgier ist dumm. Der reiche Mann, der nur mehr genießen will, ist kurzsichtig und unvernünftig. Es ist einfach gescheiter, sich in Erbstreitigkeiten gütlich zu einigen, statt oft das halbe oder das ganze Erbe in Prozesskosten zu „investieren“, nur um am Ende Recht zu behalten.
Habgier ist ein Laster. Alle Laster bringen nur Lasten. „Der Sinn des Lebens“ besteht doch nicht in möglichst viel Besitz. Was nützt das viele Geld, wenn Hass und Streit in der Familie der Preis dafür sind? Schon rein wirtschaftlich gesehen, ist gutes Einvernehmen, sind gütliche Lösungen das Erfolgreichere. Und machen daher glücklich. Und genau das will Jesus für uns.
Einer aus der Volksmenge bat Jesus: Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen.
Er erwiderte ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Schlichter bei euch gemacht?
Dann sagte er zu den Leuten: Gebt acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier. Denn der Sinn des Lebens besteht nicht darin, dass ein Mensch aufgrund seines großen Vermögens im Überfluss lebt.
Und er erzählte ihnen folgendes Beispiel: Auf den Feldern eines reichen Mannes stand eine gute Ernte. Da überlegte er hin und her: Was soll ich tun? Ich weiß nicht, wo ich meine Ernte unterbringen soll. Schließlich sagte er: So will ich es machen: Ich werde meine Scheunen abreißen und größere bauen; dort werde ich mein ganzes Getreide und meine Vorräte unterbringen. Dann kann ich zu mir selber sagen: Nun hast du einen großen Vorrat, der für viele Jahre reicht. Ruh dich aus, iss und trink, und freu dich des Lebens!
Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern. Wem wird dann all das gehören, was du angehäuft hast? So geht es jedem, der nur für sich selbst Schätze sammelt, aber vor Gott nicht reich ist.