Wie viel Versöhnung, Heilung an Seele und Leib, Trost in Bedrängnis, neuer Mut zum Leben, gehen von der Mutter Jesu aus!
Wie viel Versöhnung, Heilung an Seele und Leib, Trost in Bedrängnis, neuer Mut zum Leben, gehen von der Mutter Jesu aus!
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Hochfest der
Aufnahme Marias in den Himmel,
15. August 2010 (Lk 1,39-56)
Heuer fällt der „Große Marientag“ auf einen Sonntag. Für manche ein Nachteil, weil damit ein arbeitsfreier Feiertag wegfällt. Anders sieht es aus, wenn wir uns fragen, warum denn eigentlich „Maria Himmelfahrt“, warum der 15. August bei uns in Österreich ein Feiertag ist. Weil es eben eine alte Tradition ist, werden manche antworten. Ist sie auch sinnvoll? Hat sie heute noch einen Sinn?
Der heutige Sonntag kann uns da weiterhelfen. Mit seinem vollen Namen heißt der 15. August „Hoch fest der leiblichen Aufnahme Marias in den Himmel“. Seit früher Zeit freuen sich die Christen darüber, dass nicht nur Jesus auferstanden ist, sondern dass auch seine Mutter nicht im Tod geblieben ist. „Ihr Sohn, der Tod und Grab besiegt, er lässt im Tod die Mutter nicht“, heisst es in einem Kirchenlied.
Genau darum aber geht es an jedem Sonntag. Er ist ja der Tag der Auferstehung Jesu. Zum arbeitsfreien Tag wurde dieser Tag wegen des wöchentlichen Gedächtnisses der Auferstehung Jesu Christi. Das ist Sonntag für Sonntag der Sinn des Gottesdienstes, der Heiligen Messe, der Eucharistiefeier, zu der sich wöchentlich in ganz Österreich hunderttausende Menschen versammeln, nach wie vor die größte regelmäßige „Veranstaltung“ in unserem Land. Was sagt der Sonntag? Was Maria Himmelfahrt? Dass wir für das Leben geschaffen sind, nicht für den Tod. Dass das Leben siegt, nicht der Tod. Dass das Grab nicht die Endstation ist, sondern der notwendige Durchgang zum endgültigen Leben.
Das leere Grab Jesu in Jerusalem, es ist Zeuge für diesen Durchgang. Einer uralten Tradition nach lebte Maria bis zu ihrem „Heimgang“ in Ephesus in der heutigen Türkei, unter dem Schutz des Apostels Johannes, dem Jesus die Sorge für seine Mutter anvertraut hatte. Maria blieb nicht im Grab. Jesus, ihr Sohn, hat sie „heimgeholt“. Diesen Sieg über den Tod feiern wir heute.
„Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter“. So singt Maria im heutigen Evangelium ihre Freude und Dankbarkeit darüber, dass Gott „auf die Niedrigkeit seiner Magd geschaut hat“ und dass er „Großes an mir getan hat“. Maria wird wirklich von Generation zu Generation geliebt. Ich bin immer neu beeindruckt von der weltweiten Anziehungskraft Marias. Was ist das Geheimnis dieser Ausstrahlung? Vor wenigen Tagen ging das jährliche Jugendtreffen im Wallfahrtsort Medjugorje zu Ende. 600.000 junge Menschen aus aller Welt kamen heuer an diesen Ort, wo es außer Armut und steinigem Boden nicht viel zu sehen gibt. Und doch spüren diese jungen Leute: Maria ist ihnen nahe. Sie führt sie zu Jesus. Sie gibt ihnen Mut zum Leben, zu einer „Zivilisation der Liebe“.
Wie viel Versöhnung, Heilung an Seele und Leib, Trost in Bedrängnis, neuer Mut zum Leben, gehen von der Mutter Jesu aus! Die Kirche geht durch schwierige Zeiten. Wir alle gehen in schwierigere Zeiten. Aber Maria bleibt uns nahe. Sie sieht uns mit ihren barmherzigen Augen, uns arme Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes, die uns zu ihr ins ewige Leben führen wird.
Nach einigen Tagen machte sich Maria auf den Weg und eilte in eine Stadt im Bergland von Judäa. Sie ging in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabet.
Als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib.
Da wurde Elisabet vom Heiligen Geist erfüllt und rief mit lauter Stimme: Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? In dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib. Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ.
Da sagte Maria: Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter. Denn der Mächtige hat Großes an mir getan, und sein Name ist heilig. Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten. Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind; er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen. Er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen, das er unsern Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig. Und Maria blieb etwa drei Monate bei ihr; dann kehrte sie nach Hause zurück.