Jesus macht klar, dass die Demut der bessere Weg ist, ja dass sie der viel vernünftigere und erfolgreichere ist, auch wenn wir sie oft ganz anders einschätzen.
Jesus macht klar, dass die Demut der bessere Weg ist, ja dass sie der viel vernünftigere und erfolgreichere ist, auch wenn wir sie oft ganz anders einschätzen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium 22. Sonntag im Jahreskreis,
29. August 2010 (Lk 14,1.7-14)
Demut gehört zu den Tugenden, die heute gerne belächelt werden. Sich durchsetzen, sich „gut verkaufen“, sich seinen Platz erobern: um das scheint es heute vor allem zu gehen. In einer Welt, in der schon die Kinder der Konkurrenz ausgesetzt sind, in der man von früh an lernt, sich zu behaupten, scheint für die Demut kaum ein Platz zu bleiben. Im Gegenteil: der Demütige handelt sich nur Nachtteile ein. Er wird verdrängt, ist nicht konkurrenzfähig.
Genau das Gegenteil ist der Fall. Das zeigt Jesus heute sehr anschaulich und mit Argumenten, die jedem einleuchten. Jesus macht klar, dass die Demut der bessere Weg ist, ja dass sie der viel vernünftigere und erfolgreichere ist, auch wenn wir sie oft ganz anders einschätzen.
Jesus ist bei einem Festmahl zu Gast. Er beobachtet, wie um die Ehrenplätze ein rechtes Gerangel entsteht. Wir kennen das alle, von verschiedensten Gelegenheiten, wie sich die Leute nach vorne drängen, um möglichst zu den Vordersten, Bekanntesten, Geachtetsten zu gehören. Und wem ist es nicht schon passiert, sich selber so zu verhalten? Ich kann mich davon nicht freisprechen!
Wie unsinnig ist dieses Kämpfen um die ersten Plätze! Jesus empfiehlt hier ein ganz anderes Verhalten: Setz‘ dich an den untersten Platz! Nichts ist peinlicher als von den vorderen Plätzen weggeschickt zu werden, weil ein Höherer daherkommt. Umso ehrenvoller ist es, nach vorne gebeten zu werden.
Demut als Strategie? Mache dich klein, damit die anderen dich groß machen? Ist das nicht ein unlauterer Grund für die Bescheidenheit? Ein Kalkulieren, wie man noch mehr Ehre bekommen kann? Ich glaube nicht, dass Jesus das so gemeint hat. Es geht um etwas Tieferes, sehr Einfaches: Mach dich nicht zum Nabel der Welt! Nimm dich nicht so wichtig! Wähle den untersten Platz! An ihm kannst du nicht von hoch oben herabstürzen.
Wir können diese Tugend auch einfach „Bescheidenheit“ nennen. Sie ist wirklich eine Zier. Sie macht das Leben viel angenehmer, einfacher, freudiger. Wie mühsam sind „Wichtigtuer“! Gleich sind sie beleidigt, wenn sie nicht genügend Beachtung finden Immer dreht sich alles um sie, vor allem sie selber. Umso schlimmer ist es für sie, wenn sie nicht mehr zu den „Großen“ und Wichtigen zählen. Der Absturz ist bitter.
Wie die Demut, die Bescheidenheit lernen? Jesus gibt ein einfaches Rezept. Er bleibt beim Beispiel des Gastmahls: Du ladest gerne die „Honoratioren“, die Freunde, „deine Leute“ ein. Und natürlich laden die wiederum dich zum Gegenbesuch ein. So viel in unserer Gesellschaft ist nur ein Tauschgeschäft: Ich gebe dir, damit du mir gibst!
Lade die Armen, Krüppel, Blinden ein! Schenke ohne Gegengeschäft! Denk nicht dauernd: Was bringt mir das? Tu Gutes einfach um des Guten Willen. Das geht nur, wenn du von dir selber loskommst, dich nicht überhebst, wenn du den Mut hast, demütig zu sein. Gott wird’s dir vergelten. Das sei genug!
Als Jesus an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen kam, beobachtete man ihn genau.
Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, nahm er das zum Anlass, ihnen eine Lehre zu erteilen.
Er sagte zu ihnen: Wenn du zu einer Hochzeit eingeladen bist, such dir nicht den Ehrenplatz aus. Denn es könnte ein anderer eingeladen sein, der vornehmer ist als du, und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen.
Wenn du also eingeladen bist, setz dich lieber, wenn du hinkommst, auf den untersten Platz; dann wird der Gastgeber zu dir kommen und sagen: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen.
Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.
Dann sagte er zu dem Gastgeber: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, so lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich ein, und damit ist dir wieder alles vergolten.
Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein. Du wirst selig sein, denn sie können es dir nicht vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten