Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme.
Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium 28. Sonntag im Jahreskreis,
10. Oktober 2010 (Lk 17,11-19)
Ich habe ihren Mut bewundert. Es hat wirklich geschüttet. Und es blies ein eisiger Wind. Zeitweise ein Sturm. Sie ließen sich dennoch nicht davon abhalten, auf der riesigen Freilichtbühne im Steinbruch von St. Margarethen ihr Schauspiel „Credo“ zu geben. Bis auf die Haut durchnässt, aber strahlend vor Freude, mitreißend vor Begeisterung, spielten sie Szenen aus dem Leben Jesu. Und trotz der extrem schlechten Witterung haben etwa 1000 Zuschauer ausgeharrt und den 130 jungen Leuten der Gemeinschaft Cenacolo begeistert Applaus gespendet.
Was bewog diese Burschen und Mädchen, so dem Unwetter zu trotzen? Und was bewog uns Zuschauer, in strömendem Regen und Kälte auszuharren? Dafür gibt es nur eine Erklärung: Dankbarkeit! Denn die jungen Leute auf der Bühne und wir Zuschauer waren in dem einen Punkt fest verbunden: der Dankbarkeit über ihre Heilung, ihre Befreiung.
Alle diese mitreißenden, strahlenden jungen Leute sind Drogensüchtige gewesen. Sie hatten die Lepra unserer Tage, den Aussatz der Wohlstandsgesellschaft. Sie waren wie die Aussätzigen zur Zeit Jesu vom Leben der Menschen ausgeschlossen, wurden gemieden, mit Abscheu betrachtet. Um diese „Giftler“ und „Süchtler“ machen wir einen großen Bogen, grenzen sie aus, schauen weg.
Die erschütterndste Szene im Schauspiel war die des heutigen Evangeliums. Die zehn, die diese Szene gespielt haben, brauchten nur ihr früheres Leben zu spielen: Drogen, Alkohol und Elend. In ein Eck gedrängt, kauern sie am Boden, ein Anblick des Grauens, menschliche Ruinen. Aus ihrer Mitte erhebt sich der Hilferuf: Abba, Vater! Aber die Umgebung zwingt sie zum Verstummen.
Da kommt Jesus. Geht zu ihnen. Berührt sie. Umarmt sie. Und einer nach dem andern erhebt sich. Steht auf. Richtet sich auf. Auferstehung, ganz wörtlich, Heilung, neues Leben. Aufrecht, frei gehen sie weg, einer nach dem andern, aus der Todesspirale der Sucht gerettet. Da dreht sich einer um und kehrt zu Jesus zurück, fällt vor ihm nieder und dankt, dankt aus ganzem Herzen.
Und das war für mich der Schlüssel, warum diese jungen Leute das Schauspiel nicht abgesagt haben, was jeder „normale“ Organisator bei diesem katastrophalen Wetter getan hätte. Es war einfach die Dankbarkeit über die eigene Rettung. Wir alle haben das gespürt. Und die Freude dieser Dankbarkeit hat uns trotz Regen und Kälte ausharren lassen. Diese Burschen und Mädchen haben nicht irgendeine Geschichte auf die Bühne gebracht, sondern ihr eigenes Leben.
Im Evangelium kehrt nur einer der zehn Geheilten zu Jesus zurück, um ihm zu danken. Wo bleiben die übrigen neun? Und der eine Dankbare war zudem noch ein Fremder, ein Ausländer. Wohin gehöre ich? Denn auch ich bin ein Geheilter. Nicht von der Droge, auch nicht von der Lepra, aber von meinen Sünden, die Jesus mir vergeben hat. Habe ich das schon vergessen? Der unvergessliche Abend im Steinbruch hat mir die Dankbarkeit neu nahe gebracht.
Auf dem Weg nach Jerusalem zog Jesus durch das Grenzgebiet von Samarien und Galiläa.Als er in ein Dorf hineingehen wollte, kamen ihm zehn Aussätzige entgegen.
Sie blieben in der Ferne stehen und riefen: Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns! Als er sie sah, sagte er zu ihnen: Geht, zeigt euch den Priestern!
Und während sie zu den Priestern gingen, wurden sie rein.
Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme. Er warf sich vor den Füßen Jesu zu Boden und dankte ihm. Dieser Mann war aus Samarien.
Da sagte Jesus: Es sind doch alle zehn rein geworden. Wo sind die übrigen neun? Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden?
Und er sagte zu ihm: Steh auf und geh! Dein Glaube hat dir geholfen.