Ein Reich – nicht von dieser Welt. Ein König – dessen Leute nicht für ihn kämpfen.
Ein Reich – nicht von dieser Welt. Ein König – dessen Leute nicht für ihn kämpfen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Christkönigssonntag,
21. November 2010 (Lk 23,35-43)
Mit dem nächsten Sonntag beginnt bereits der Advent. Heute ist der letzte Sonntag im Kirchenjahr. Er wird „Christkönig“ genannt. Manche sagen auch „Ewigkeitssonntag,“ denn der Ausblick geht über die Zeit hinaus in die Ewigkeit, in Gottes ewiges Reich.
„Bist du ein König?“ fragte Pontius Pilatus, der Statthalter des mächtigen Kaisers, den Mann aus Galiläa, der da gefesselt vor ihm steht. Jesus gibt ihm eine klare Antwort: „Du sagst es, ich bin ein König.“ Doch fügt er hinzu: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ Und er erklärt: „Wäre mein Reich von dieser Welt, dann würden meine Leute für mich kämpfen, damit ich nicht ausgeliefert werde.“
Ein Reich – nicht von dieser Welt. Ein König – dessen Leute nicht für ihn kämpfen. Was gibt es da zu feiern? Wie soll eine solche Königsherrschaft sich in dieser Welt behaupten? Oder liegt hier immer wieder das Missverständnis? Wie will dieser König herrschen? Will er es überhaupt? Was bedeutet es, wenn Jesus als „der Herr“ bezeichnet wird? Was bedeutet es für mich persönlich, ihn als meinen Herrn zu bezeichnen? Was heißt es, zu seinem Reich zu gehören?
Was es nicht bedeutet, hat die Geschichte immer wieder gezeigt: wenn versucht wurde, im Namen Christi eine weltliche Herrschaft aufzurichten. Jesus wollte für sein Reich keine Armee und keine irdischen Machtansprüche, keinen eigenen Staat und keine Eroberungsfeldzüge. Was ist das für ein Reich, von dem er so oft sprach und in das er alle Menschen einlud?
Ein zum Tode verurteilter Verbrecher ist der erste „Bürger“ in Jesu Reich. Er ist neben diesem verspotteten „König der Juden“ gekreuzigt und in seiner Qual blickt er zu ihm und spürt, dass dieser Mitgekreuzigte ein Unschuldiger ist: „Jesus denk an mich, wenn du in Dein Reich kommst.“ Er weiß, dass für sie beide das schreckliche leiden bald zu Ende sein wird. Dann ist alle irdische Macht am Ende. Kein König, kein Richter, kein Henker hat dann noch das Sagen. Dann gibt es nur mehr einen König: den Ewigen. Vor ihm werden wir alle gleich sein. Vor ihm zählt keine weltliche Macht. Er herrscht nicht mit Geld und Waffengewalt.
Der „rechte Schächer,“ wie er genannt wird, der mit Jesus gekreuzigte Verbrecher, hat erfasst, wer hier der wahre König ist. An ihn wendet er sich mit seiner Bitte: Denk an mich! Vergiss mich nicht!
„Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein!“ Diese Antwort Jesu zeigt seine wahre Macht. Kein noch so Mächtiger dieser Welt kann das schenken, was Jesus dem rechten Schächer verheißt: das Paradies. Nicht ein künstliches, wie es hier für Geld angeboten wird, sondern das echte, ewige Paradies.
Noch sind wir nicht dort. Noch sind wir unterwegs, brauchen das zum Leben Notwendige. Dazu gehören auch weltliche Macht, Institutionen ja auch die Kirche mit ihren Einrichtungen. Als König meines Herzens, als Herrn meines Lebens aber will ich jetzt schon Jesus haben. In seinem Reich ist gut sein.
In jener Zeit verlachten die führenden Männer des Volkes ihn und sagten: Anderen hat er geholfen, nun soll er sich selbst helfen, wenn er der erwählte Messias Gottes ist.
Auch die Soldaten verspotteten ihn; sie traten vor ihn hin, reichten ihm Essig und sagten: Wenn du der König der Juden bist, dann hilf dir selbst! Über ihm war eine Tafel angebracht; auf ihr stand: Das ist der König der Juden.
Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn: Bist du denn nicht der Messias? Dann hilf dir selbst und auch uns!
Der andere aber wies ihn zurecht und sagte: Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen. Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten; dieser aber hat nichts Unrechtes getan.
Dann sagte er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst.
Jesus antwortete ihm: Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.