Und die Kunst besteht in der Unterscheidung von dem, was vergehen muss und dem, was bleiben soll.
Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.
Und die Kunst besteht in der Unterscheidung von dem, was vergehen muss und dem, was bleiben soll.
Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 1. Adventsonntag,
Lesejahr A,
28. November 2010 (Mt 24,29-44)
Der liebe Advent beginnt gar nicht lieblich. Zumindest im Evangelium. Mit Punschständen und Adventliedern werden Adventfeiern begangen. Das Evangelium vom heutigen ersten Adventsonntag spricht dagegen eine herbe, ernste Sprache. Da ist vom Ende der Zeit die Rede, von der Wiederkunft Christi, vom Vergehen von Himmel und Erde. Und von einer Haltung der Wachsamkeit, der Erwartung.
Wie sieht diese „adventliche“ Haltung aus? Wie sollen wir uns auf das Kommende einstellen? Advent heißt ja „Ankunft,“ und es geht um die Ankunft Jesu. Aber wie können wir uns auf das Unbekannte einstellen? Wir wissen ja nicht, was die Zukunft bringt. Ich weiß nicht, was mich morgen erwartet. Wenn alles „normal“ zugeht, weiß ich schon, was morgen los sein wird. Die Zukunft bringt aber auch Unvorhergesehenes. Wie kann ich dem Ungeplanten gut begegnen?
Jesus gibt darauf zwei scheinbar widersprechende Antworten: die erste ist ein Hinweis auf die Natur: Lernt vom Feigenbaum! Wenn er austreibt, dann wisst ihr: der Sommer ist nahe!
Jesu erster Rat lautet also: Schaut auf die Entwicklung! Lernt von der Natur! Sie zeigt uns beides: Wachstum und Absterben. Beides gehört zum Leben. In jeder Entwicklung heißt es zugleich Altes loslassen und Neues annehmen. Und die Kunst besteht in der Unterscheidung von dem, was vergehen muss und dem, was bleiben soll. Jesus sagt dazu ein gewaltiges Wort: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“ Das heißt: wer sich an Jesu Wort hält, hat etwas, das durch alle Umbrüche hindurch hält.
Und damit sind wir beim zweiten Rat, den Jesus gibt, scheinbar im Widerspruch zum ersten. Wir sollen aufmerksam die Entwicklung beobachten, wie wir es in der Natur machen. Aber es gibt auch das Unvorhersehbare, das plötzlich über uns hereinbricht. Da hilft kein Planen und keine genaue Beobachtung. Da hilft nur die Wachsamkeit, das gute „allzeit bereit!“
Wie funktionieren diese beiden Haltungen im Alltag? Wie passen sie zusammen? Vor kurzem habe ich anschaulich erlebt, wie das aussehen kann. Eine befreundete spanische Familie traf völlig unerwartet ein schwerer Schlag: die sehr geliebte Mutter von sieben Kindern starb ganz plötzlich, noch keine 60. Großer Schmerz, aber auch eine bewundernswerte Glaubenshaltung. Eltern und Kinder waren gewohnt, Gottes Wirken in ihrem Alltag zu beobachten – wie beim Feigenbaum Jesu. Den plötzlichen Tod der Mutter konnten sie auch aus Gottes Hand annehmen. Er wurde für sie zum „Advent,“ zu einem Kommen Gottes in ihrem Leben.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Sofort nach den Tagen der großen Not wird sich die Sonne verfinstern, und der Mond wird nicht mehr scheinen; die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Danach wird das Zeichen des Menschensohnes am Himmel erscheinen; dann werden alle Völker der Erde jammern und klagen, und sie werden den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels kommen sehen.
Er wird seine Engel unter lautem Posaunenschall aussenden, und sie werden die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, von einem Ende des Himmels bis zum andern.
Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum! Sobald seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. Genauso sollt ihr erkennen, wenn ihr das alles seht, dass das Ende vor der Tür steht.
Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles eintrifft. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.
Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater. Denn wie es in den Tagen des Noach war, so wird es bei der Ankunft des Menschensohnes sein. Wie die Menschen in den Tagen vor der Flut aßen und tranken und heirateten, bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging, und nichts ahnten, bis die Flut hereinbrach und alle wegraffte, so wird es auch bei der Ankunft des Menschensohnes sein.
Dann wird von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, einer mitgenommen und einer zurückgelassen. Und von zwei Frauen, die mit derselben Mühle mahlen, wird eine mitgenommen und eine zurückgelassen.
Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt. Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, zu welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt, würde er wach bleiben und nicht zulassen, dass man in sein Haus einbricht. Darum haltet auch ihr euch bereit!
Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.