Schau nicht auf Deine enttäuschten Erwartungen. Schau auf das Positive, das geschieht! Schau wie viel Gutes geschieht! Anders als Du erwartet hast! Aber umso eindrucksvoller.
Schau nicht auf Deine enttäuschten Erwartungen. Schau auf das Positive, das geschieht! Schau wie viel Gutes geschieht! Anders als Du erwartet hast! Aber umso eindrucksvoller.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 3. Adventsonntag,
12. Dezember 2010 (Mt 11,2-11)
Nagender Zweifel plagt Johannes im Gefängnis. Hat er sich getäuscht? Ist er einen falschen Weg gegangen? Hat er sich vergeblich eingesetzt? Und die tiefste, schmerzlichste Frage: hat Gott mich getäuscht?
Die Frage des Johannes stellt sich in der einen oder anderen Form für viele Menschen: wie mit enttäuschten Erwartungen umgehen? Vor allem, wenn man sich von Gott verraten oder vergessen fühlt.
Wie kam es bei Johannes dem Täufer zu dieser Krise? Erinnern wir uns: er hatte mit ernsten, strengen Worten zur Buße und Umkehr gemahnt. Er hatte das Kommen des Messias, des Erlösers verkündigt. Seine Rede war alles eher als sanft und kuschelweich. Er hatte einen erwartet, der mit der Axt dreinschlägt, der die Spreu vom Weizen trennt, der „mit harter Faust gründlich aufräumt“ (Jan Bots). Und zudem hat er für seine klare Rede, seine unerbittliche Kritik, einen hohen Preis gezahlt. König Herodes ließ ihn ins Gefängnis werfen, weil er ihm direkt die Wahrheit seines Ehebruchs vorgehalten hatte.
Da im Gefängnis, hört er wie Jesus wirkt und bekommt Zweifel. Er ist so sanft. Er ist nicht der „starke Mann,“ der endlich aufräumt und Ordnung macht. Er ist voller Mitleid mit den Armen, den Kranken und vor allem mit den Sündern. Er bricht über sie nicht den Stab, gibt sich mit ihnen ab und zeigt ihnen große Liebe und Güte. Er ist so anders als das, was Johannes sich erwartet hat. Daher lässt er Jesus fragen: bist du es? Oder sollen wir auf einen anderen warten?
Wie mit solchen Zweifeln umgehen? Wie mit enttäuschten Erwartungen umgehen? Vor allem in so dunklen Stunden der Verlassenheit, der Einsamkeit wie Johannes sie im Gefängnis wohl erlebt hat.
Jesus gibt ihm – und uns – eine einfache Antwort: schau nicht auf Deine enttäuschten Erwartungen. Schau auf das Positive, das geschieht! Schau wie viel Gutes geschieht! Anders als Du erwartet hast! Aber umso eindrucksvoller.
Mit hilft das heutige Evangelium auch ganz persönlich. Ich kann natürlich auf all das schauen, was nicht so läuft wie ich es mir erwartet habe. Und dann befallen mich Niedergeschlagenheit und Mutlosigkeit. Aber Jesus lässt auch mir sagen: berichtet ihm, was ihr hört und seht! Erzählt ihm, wie sehr ich heute am Werk bin!
Ja, ich glaube, das würde uns allen helfen: einander zu erzählen, wo und wie wir Gottes Hilfe in unserem Leben erfahren. Statt unsere Enttäuschungen zu bejammern uns von Gottes Taten gegenseitig Zeugnis geben. Ich bin sicher: alle könnten wir einander davon berichten. Es würde uns viel Mut und Freude geben!
In jener Zeit hörte Johannes im Gefängnis von den Taten Christi. Da schickte er seine Jünger zu ihm und ließ ihn fragen: Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten?
Jesus antwortete ihnen: Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder, und Lahme gehen; Aussätzige werden rein, und Taube hören; Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet. Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt.
Als sie gegangen waren, begann Jesus zu der Menge über Johannes zu reden; er sagte: Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das im Wind schwankt? Oder was habt ihr sehen wollen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Mann in feiner Kleidung? Leute, die fein gekleidet sind, findet man in den Palästen der Könige.
Oder wozu seid ihr hinausgegangen? Um einen Propheten zu sehen? Ja, ich sage euch: Ihr habt sogar mehr gesehen als einen Propheten.
Er ist der, von dem es in der Schrift heißt: Ich sende meinen Boten vor dir her; er soll den Weg für dich bahnen.
Amen, das sage ich euch: Unter allen Menschen hat es keinen größeren gegeben als Johannes den Täufer; doch der Kleinste im Himmelreich ist größer als er.