Hinter allen diesen Versuchungen steht der Versucher, der Teufel, der Erzfeind des Menschen.
Hinter allen diesen Versuchungen steht der Versucher, der Teufel, der Erzfeind des Menschen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 1. Fastensonntag,
13. März 2011 (Mt 4,1-11)
Wer von uns kennt sie nicht: die Versuchung! Es gibt kein Menschenleben ohne diese Erfahrung : Wir alle sind allerlei Versuchungen ausgesetzt, kleinen und großen, (scheinbar) harmlosen und (oft unbemerkt) gefährlichen. Und wenn wir auch noch so vielen Versuchungen zu widerstehen vermögen, das eine oder andere Mal erliegen wir ihnen doch.
Wieso werden wir versucht? Und von wem? Und wie können wir widerstehen? Und wie wieder aufstehen, wenn wir in Versuchung gefallen sind? Alles Fragen, die gut an den Anfang der Fastenzeit passen. Vor allem aber ist es gut, auf Jesus zu schauen, auf seine Versuchungen in der Wüste, als er 40 Tage in der Einsamkeit
fastete und betete.
Die 40 Tage der Fastenzeit, von Aschermittwoch bis Ostern, sollen ja eine Teilnahme an der Wüstenzeit Jesu sein. Sein Vorbild können wir nicht „eins zu eins“ nachahmen. Kaum einer könnte ein so radikales Fasten 40 Tage lang durchstehen. Selten wird jemand so direkt, so offen vom Teufel in Versuchung geführt. Und wer von uns schafft es, so eindeutig und klar zu den Versuchungen Nein zu sagen?
Was waren diese Versuchungen? Treffen sie auch uns? Oder galten sie nur dem Sohn Gottes? Ich glaube, es sind urmenschliche Versuchungen. Jesus, der Sohn Gottes, ist ja wirklich Mensch geworden und hat daher die menschlichen Versuchungen gekannt – ohne ihnen zu erliegen.
Der Evangelist Matthäus nennt drei Versuchungen: Hunger, Ruhm, Macht. Sehen wir sie uns an. Nach 40 Tagen des Fastens hungert Jesus. Das ist nicht verwunderlich. Ich habe viel schneller Hunger. Die Versuchung ist ganz elementar: gleich das Bedürfnis befriedigen! Nicht warten wollen. Sich nicht beherrschen können. Noch etwas naschen. Mehr als nötig nehmen. Es ist die Versuchung der sinnlichen Befriedigungen: Essen, Trinken, Sexualität. All das ist gut, aber nur im rechten Maß. Und nicht an erster Stelle. Bert Brecht meinte: „Erst kommt das Essen, dann die Moral“. Mit diesem Grundsatz wird den Versuchungen Tür und Tor geöffnet. Jesus hält dem entgegen: „Der Mensch lebt nicht nur vom Brot“, sondern auch vom Wort Gottes.
Die zweite Versuchung ist die Ruhmsucht: Spektakuläre Erfolge, gute Presse, Lob von allen Seiten! Ruhmsucht verblendet. Der Teufel bietet Jesus an, durch Schauwunder berühmt zu werden. Jesus wählt nicht den Erfolg, sondern den Dienst. Ihm ist wichtiger, wie er vor Gott steht als welchen Applaus er von Menschen bekommt.
Die dritte Versuchung ist die der Macht. Wir erleben es gerade, wie sehr Macht Menschen verführen kann: Die gestürzten Herrscher Nordafrikas haben Milliardenvermögen für sich angehäuft. Was hilft ihnen jetzt all die Macht, die doch vergeht? Jesus zeigt uns: Hinter allen diesen Versuchungen steht der Versucher, der Teufel, der Erzfeind des Menschen. Ihm hat Jesus widerstanden – für uns alle.
In jener Zeit wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt; dort sollte er vom Teufel in Versuchung geführt werden.
Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, bekam er Hunger.
Da trat der Versucher an ihn heran und sagte: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, dass aus diesen Steinen Brot wird.
Er aber antwortete: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.
Darauf nahm ihn der Teufel mit sich in die Heilige Stadt, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich auf ihren Händen zu tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.
Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.
Wieder nahm ihn der Teufel mit sich und führte ihn auf einen sehr hohen Berg; er zeigte ihm alle Reiche der Welt mit ihrer Pracht und sagte zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest.
Da sagte Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.
Darauf ließ der Teufel von ihm ab, und es kamen Engel und dienten ihm.