Im menschlichen Gesicht Jesu ist ihnen für eine kurze Zeit der Lichtglanz Gottes aufgeleuchtet, unfassbar schön, strahlend.
Im menschlichen Gesicht Jesu ist ihnen für eine kurze Zeit der Lichtglanz Gottes aufgeleuchtet, unfassbar schön, strahlend.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 2. Fastensonntag,
20. März 2011 (Mt 17,1-9)
Jedes Jahr bin ich neu überrascht von dem heutigen Evangelium. Eben erst hat die Fastenzeit begonnen. Die Kirche nennt sie die „österliche Bußzeit“. Fastenzeit hat mit Buße zu tun: weniger Essen, sich Einschränken beim Fernsehen, bei den Unterhaltungen, Zerstreuungen, bei den Genussmitteln wie Alkohol, Nikotin. Manche nützen die Fastenzeit zur Beichte, um die Seele in Ordnung zu bringen. Die Farbe der Liturgie, der Gottesdienste, ist violett. Auch das soll uns an die Buße erinnern
Ganz anders das heutige Evangelium. Da ist nicht von Buße die Rede, sondern von strahlendem Glanz, von wunderbarem Licht. Da sehen wir nicht den Jesus, der in der Wüste 40 Tage fastet, in todernsten Auseinandersetzungen mit den Versuchungen der Welt, den Verlockungen des Teufels. Vielmehr erscheint da Jesus leuchtend, überwältigend schön und herrlich, seine Begleiter ganz wörtlich umwerfend.
Was hat dieses Ereignis, das wir „die Verklärung Christi“ nennen, mit der Fastenzeit zu tun? Ich stelle mir diese Frage jedes Jahr neu. Vor allem die Frage: Was hat das mir persönlich zu sagen?
Für mich ist dieses Evangelium mit ganz bestimmten Erfahrungen verbunden: mit Gesichtern! Es gibt ja in der ganzen Schöpfung nichts Spannenderes als das Gesicht. Es ist der Ausdruck der Seele. Es ist wie ein Spiegel, in dem sich das ganze Leben des Menschen widerspiegelt. Mich faszinieren vor allem Gesichter älterer Menschen. Oft ahnt man in ihren eine ganze Lebensgeschichte. Freuden und Enttäuschungen, Glück und Bitterkeit haben die Landschaft eines alten Antlitzes geprägt, haben tiefe Furchen gegraben, Falten gebildet.
Ein Kindergesicht berührt, weil es noch so unberührt ist. Alles ist noch so offen, so unbestimmt. Beim Blick in ein Babygesicht kommt mir oft der Gedanke: Wie wirst du mit 70 aussehen? Wie wird das Leben dein Gesicht formen? Wie wird sich dein Herz in deinen Augen zeigen, im Ausdruck deines Gesichts?
Verklärung Christi: das ist für mich vor allem die Faszination des Antlitzes Jesus. Gott hat uns ein Menschengesicht gezeigt, sein menschliches Antlitz. Jesus ist Gott, der Mensch gewordene. Mich freut der Gedanke, dass ich Jesus einmal sehen werde, wie Er ist.
Das Ereignis auf dem hohen Berg haben nur drei Zeugen, drei Apostel erlebt. Sie haben lange darüber geschwiegen. Es war etwas ganz Einzigartiges. Sie haben es nie mehr vergessen. Im menschlichen Gesicht Jesu ist ihnen für eine kurze Zeit der Lichtglanz Gottes aufgeleuchtet, unfassbar schön, strahlend.
Die anderen Apostel - und wir selber - haben das nicht erlebt. Aber im kleinen können wir es erahnen: in einem gütigen Antlitz eines alten Menschen; in einem von Leid und Liebe geprägten Gesicht. Wenn ich solchen Gesichtern begegne, denke ich spontan an die Verklärung Jesu. Und warum in der Fastenzeit? Weil es ihr Ziel ist, uns zu verwandeln. Sie soll uns helfen, freie Menschen zu werden, ein wenig strahlender als bisher!
In jener Zeit nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg.
Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht.
Da erschienen plötzlich vor ihren Augen Mose und Elija und redeten mit Jesus.
Und Petrus sagte zu ihm: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.
Noch während er redete, warf eine leuchtende Wolke ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.
Als die Jünger das hörten, bekamen sie große Angst und warfen sich mit dem Gesicht zu Boden. Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf, habt keine Angst! Und als sie aufblickten, sahen sie nur noch Jesus.
Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemand von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.