Das Geschenk des Glaubens ist deshalb kostbar wie das Augenlicht.
Das Geschenk des Glaubens ist deshalb kostbar wie das Augenlicht.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 4. Fastensonntag,
3. April 2011 (Joh 9,1-41)
Noch nie hat man gehört, dass jemand die Augen eines Blindgeborenen geöffnet hat. Das galt sicher zur Zeit Jesu. Gilt es auch heute noch? Ich denke an die großartige „Christoffel-Aktion“ (www.lichtfuerdiewelt.at), die vielen Blinden in Afrika eine Augenoperation ermöglicht, die manchem Blindgeborenen das Augenlicht schenkt.
Allen Blindgeborenen kann freilich auch die beste Augenchirurgie nicht helfen, wenn den Augen die wesentlichen Voraussetzungen für das Sehen fehlen. War der Mann, dem Jesus das Augenlicht geschenkt hat, ein solcher Fall? Seine Heilung war zweifellos ein Wunder. So sahen es alle, er selber als erster. Wunder geschehen, auch heute noch!
Nun habe ich schon mehrmals das Wort „Augenlicht“ gebraucht. Ich liebe dieses Wort. Es sagt sehr schön, welch ein Wunder der Natur das Auge ist, die Möglichkeit zu sehen. Jesus sagt einmal: „Ist dein Auge heil, dann ist der ganze Leib licht.“
Die Heilung des Blindgeborenen wird uns in der Fastenzeit als Frohe Botschaft verkündet. Warum wohl? Die frühe Kirche las dieses Ereignis als eine Art Tauferfahrung. Damals wurden viele erst als Erwachsene getauft. Für sie war der Weg zur Taufe so etwas wie eine Heilung ihrer Blindheit. Die Taufe wurde auch als „Erleuchtung“ bezeichnet. Die Taufkandidaten konnten sich in der Erfahrung des geheilten Blindgeborenen wieder finden.
Anfangs wusste er nicht einmal, wer ihn geheilt hatte. Klar war ihm nur: „Ich war blind und jetzt kann ich sehen!“ Je öfter er seine Geschichte erzählen musste, desto klarer wurde ihm: Der Unbekannte, der mich geheilt hat, muss jemand ganz Besonderer sein, Gott sehr nahe: „Er ist ein Prophet!“
Doch Schritt für Schritt wird ihm bewusst: dieser Jesus ist mehr als ein Prophet! In ihm begegnet er Gott selber: „Ich glaube, Herr!“ So bekennt er und wirft sich vor Jesus nieder.
Christus hat ihm nicht nur das Augenlicht geschenkt, sondern auch das Licht des Glaubens. Er hat ihn klarsichtig gemacht, hat ihn erkennen lassen, wem er seine Heilung verdankt. Diese Erfahrung kann ich bestätigen: der Glauben ist ein Licht, das mir den Weg im Dunkel des Lebens leuchtet. Das Geschenk des Glaubens ist deshalb kostbar wie das Augenlicht.
In jener Zeit sah Jesus einen Mann, der seit seiner Geburt blind war. Als er dies gesagt hatte, spuckte er auf die Erde; dann machte er mit dem Speichel einen Teig, strich ihn dem Blinden auf die Augen und sagte zu ihm: Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach! Schiloach heißt übersetzt: Der Gesandte.
Der Mann ging fort und wusch sich. Und als er zurückkam, konnte er sehen. Die Nachbarn und andere, die ihn früher als Bettler gesehen hatten, sagten: Ist das nicht der Mann, der dasaß und bettelte? Einige sagten: Er ist es. Andere meinten: Nein, er sieht ihm nur ähnlich.
Er selbst aber sagte: Ich bin es. Da brachten sie den Mann, der blind gewesen war, zu den Pharisäern. Es war aber Sabbat an dem Tag, als Jesus den Teig gemacht und ihm die Augen geöffnet hatte. Auch die Pharisäer fragten ihn, wie er sehend geworden sei.
Der Mann antwortete ihnen: Er legte mir einen Teig auf die Augen; dann wusch ich mich, und jetzt kann ich sehen. Einige der Pharisäer meinten: Dieser Mensch kann nicht von Gott sein, weil er den Sabbat nicht hält. Andere aber sagten: Wie kann ein Sünder solche Zeichen tun? So entstand eine Spaltung unter ihnen. Da fragten sie den Blinden noch einmal: Was sagst du selbst über ihn? Er hat doch deine Augen geöffnet.
Der Mann antwortete: Er ist ein Prophet. Da riefen die Pharisäer den Mann, der blind gewesen war, zum zweiten Mal und sagten zu ihm: Gib Gott die Ehre! Wir wissen, dass dieser Mensch ein Sünder ist.
Er antwortete: Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht. Nur das eine weiß ich, dass ich blind war und jetzt sehen kann. Sie fragten ihn: Was hat er mit dir gemacht? Wie hat er deine Augen geöffnet? Er antwortete ihnen: Ich habe es euch bereits gesagt, aber ihr habt nicht gehört. Warum wollt ihr es noch einmal hören? Wollt auch ihr seine Jünger werden?
Da beschimpften sie ihn: Du bist ein Jünger dieses Menschen; wir aber sind Jünger des Mose. Wir wissen, dass zu Mose Gott gesprochen hat; aber von dem da wissen wir nicht, woher er kommt.
Der Mann antwortete ihnen: Darin liegt ja das Erstaunliche, dass ihr nicht wisst, woher er kommt; dabei hat er doch meine Augen geöffnet. Wir wissen, dass Gott einen Sünder nicht erhört; wer aber Gott fürchtet und seinen Willen tut, den erhört er. Noch nie hat man gehört, dass jemand die Augen eines Blindgeborenen geöffnet hat. Wenn dieser Mensch nicht von Gott wäre, dann hätte er gewiss nichts ausrichten können.
Sie entgegneten ihm: Du bist ganz und gar in Sünden geboren, und du willst uns belehren? Und sie stießen ihn hinaus.
Jesus hörte, dass sie ihn hinausgestoßen hatten, und als er ihn traf, sagte er zu ihm: Glaubst du an den Menschensohn? Der Mann antwortete: Wer ist das, Herr? Sag es mir, damit ich an ihn glaube.
Jesus sagte zu ihm: Du siehst ihn vor dir; er, der mit dir redet, ist es.
Er aber sagte: Ich glaube, Herr! Und er warf sich vor ihm nieder.