Denn er will nicht mit Gewalt erobern, sondern die Herzen gewinnen.
Denn er will nicht mit Gewalt erobern, sondern die Herzen gewinnen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Palmsonntag,
17. April 2011 (Mt 21, 1-11)
Alle Augen sind auf die königliche Hochzeit am 29.April in London gerichtet. William und Kate, seit Wochen Thema in den Medien. Warum dieses Interesse? Woher die Faszination für die „Royals“, die königliche Familie? Wo doch heute Könige kaum mehr das Sagen haben. Ist es die große Show? Das Spektakuläre? Ich glaube, es ist etwas Tieferes. Es ist die Sehnsucht nach etwas Großem, Noblen, das aus unserem Alltag heraus sagt: das Bild des Königs!
Und noch etwas: ich glaube in der Begeisterung für die Königliche Hochzeit steckt so etwas wie die Ahnung, dass wir Menschen eigentlich „Königskinder“ sind, mit einer königlichen Würde ausgestattet.
Um diese königliche Berufung geht es auch am heutigen Palmsonntag. Viel volkstümliches Brauchtum hat sich um ihn gerankt, und das ist gut so. Für viele Menschen sind die gesegneten „Palmkatzerln“ ein wichtiges Element ihrer Religiosität.
Aber der Sinn des Palmsonntags geht tiefer. „Siehe, dein König kommt zu dir.“ Dieses Prophetenwort sagt, was der Einzug Jesu in Jerusalem damals wie heute bedeutet. Jesus kommt mit einer ganzen Schar von Pilgern von Jericho herauf zum Osterfest nach Jerusalem. Die Spannung steigt, die Erwartungen überstürzen sich: ist er der Messias, der erhoffte neue König, der Davids großes Königreich wieder herstellen wird?
Er selber gibt diesen Hoffnungen Nahrung durch Zeichen, die seine Begleiter verstehen: Er lässt sich eine Eselin ausborgen und setzt sich auf sie, um so in Jerusalem einzureiten. Ist das ein besonders königliches Reittier? Für uns kaum. Für die mit der Bibel vertrauten Zeitgenossen Jesu sehr wohl. Genau so beschreiben die Propheten das erhoffte Kommen des neuen Königs: „Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist friedfertig, und er reitet auf einer Eselin“.
Nicht mit Streitross und Kriegswagen kommt der Friedenskönig in seine geliebte Stadt Jerusalem, sondern wehrlos, offen, verwundbar. Denn er will nicht mit Gewalt erobern, sondern die Herzen gewinnen. Er kommt als der königliche Bräutigam, der um die Liebe seiner Braut wirbt: „Siehe, dein König kommt zu dir!“
Das ist die Bedeutung des Palmsonntags. Darum geht es beim Einzug Jesu in Jerusalem. Wird die Braut ja sagen? Oder wird sie ihrem Bräutigam die Tür weisen? Schon in wenigen Tagen wird es dazu kommen. Jerusalem wird seinen König kreuzigen lassen. Doch das wird nicht das Ende sein. Er wird auferstehen. Und seine Liebe wird siegen.
Soweit in Kürze der Sinn des heutigen Palmsonntags. Aber das ist noch nicht alles. Jesu Einzug in Jerusalem ist ein Bild für sein Kommen auch hier und heute. Jedem Menschen will er sagen: du bist ein Königskind! Du bist mir kostbar! Ich, dein König, komme zu dir, friedfertig, werbend um deine Liebe!
Die königliche Hochzeit in London wird viele Herzen bewegen. Verständlich. Auch ein so weltliches Fest kann uns an den König erinnern, der um unseres Herzens Liebe wirbt.
Als sich Jesus mit seinen Begleitern Jerusalem näherte und nach Betfage am Ölberg kam, schickte er zwei Jünger voraus und sagte zu ihnen: Geht in das Dorf, das vor euch liegt; dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Fohlen bei ihr. Bindet sie los, und bringt sie zu mir! Und wenn euch jemand zur Rede stellt, dann sagt: Der Herr braucht sie, er lässt sie aber bald zurückbringen.
Das ist geschehen, damit sich erfüllte, was durch den Propheten gesagt worden ist: Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist friedfertig, und er reitet auf einer Eselin und auf einem Fohlen, dem Jungen eines Lasttiers.
Die Jünger gingen und taten, was Jesus ihnen aufgetragen hatte. Sie brachten die Eselin und das Fohlen, legten ihre Kleider auf sie, und er setzte sich darauf.
Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf der Straße aus, andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Die Leute aber, die vor ihm hergingen und die ihm folgten, riefen: Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe!
Als er in Jerusalem einzog, geriet die ganze Stadt in Aufregung, und man fragte: Wer ist das? Die Leute sagten: Das ist der Prophet Jesus von Nazaret in Galiläa.