Wir Christen glauben, dass Jesus auferstanden ist. Aber das Leben geht weiter, mit seinen Mühen und Misserfolgen.
Wir Christen glauben, dass Jesus auferstanden ist. Aber das Leben geht weiter, mit seinen Mühen und Misserfolgen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 3. Sonntag der Osterzeit,
8. Mai 2011 (Joh 21,1-14)
Es ist schon etwas Besonderes, über dieses Evangelium nachzudenken an dem Ort, an dem es sich abgespielt hat. Ich schreibe diese Zeilen mit dem Blick auf den See Genezareth, in Galiläa, im Norden Israels. Ich darf einige österliche Tage hier an diesem gesegneten Platz verbringen, wo Jesus gewirkt hat. Hier haben sich so viele Szenen des Evangeliums abgespielt. Hier ist Seine Nähe besonders spürbar.
Galiläa im Frühling: mitten in diesem unruhigen Nahen Osten ist das Land um den See Genezareth wie eine Insel des Friedens. Möge es so bleiben, und möge die Region Frieden finden!
Der Friede, den ich in diesen österlichen Tagen hier in Galiläa erlebe, strahlt vom heutigen Evangelium aus. Es herrscht eine eigenartige Stimmung in der Szene, Wehmut und Freude mischen sich. Der Schock des Karfreitags ist noch spürbar. Alles schien zu Ende. Was so hoffungsvoll in Galiläa begonnen hatte, ist in Jerusalem grausam mit dem Kreuzestod Jesu zerstört worden. Zwar kam dann der Ostertag, und Jesu Erscheinen, das leere Grab, und die aufkommende Freude, dass er lebt. Aber eine gewisse Verstörtheit, ein Hauch von Trauer blieb.
Das Leben muss ja weitergehen. Die spannende, viel zu kurze Zeit, die die Apostel mit Jesus verbracht hatten, war eben doch vorbei. Er lebt zwar, aber er ist nicht mehr bei ihnen, zieht nicht mehr mit ihnen von Ort zu Ort, um Menschen anzusprechen, ihnen Seine Botschaft zu bringen und die Kranken zu heilen. Sie mussten ins „normale„ Leben zurückkehren.
Petrus geht wieder fischen, und die Kollegen Jakobus und Johannes und einige andere schließen sich ihm an. Der Neuanfang im alten Beruf ist freilich hart. Sie fangen nichts. Voller Misserfolg. Eine Nacht der Mühe ohne Ergebnis.
Der Unerkannte, der sie vom Ufer aus anspricht, als es Morgen wird, bekommt die bittere Enttäuschung zu spüren: „Habt ihr etwas zu essen?“ „Nichts!“ ist die fast trotzige Antwort. Er schlägt ihnen vor, es nochmals zu versuchen. Sie tun’s, und zählen 153 große Fische, als sie das Netz anLand ziehen. Und da wird ihnen klar: „Es ist der Herr!“ In diesem Ruf klingt verhalten die neue Freude an.
Für mich hat dieses Evangelium einen besonderen Klang. Es sagt mir viel über den Glauben in unserer Zeit. Wir Christen glauben, dass Jesus auferstanden ist. Aber das Leben geht weiter, mit seinen Mühen und Misserfolgen. Auch der Kirche geht es so. Sie erinnert mich zurzeit an das vergebliche Bemühen der Apostel, Fische zu fangen. Die schwimmen eher davon, das Fischernetz der Kirche sieht ziemlich leer aus. Doch dann kommen Momente wie die des heutigen Evangeliums. Da sagt uns Jesus: Probiert es nochmals! Seid nicht verzagt! Habt Vertrauen! Und siehe da: Wider alles Erwarten füllt sich das Netz. Und daraus kommt die freudige Gewissheit: „Es ist der Herr!“ Diese Gedanken bewegen mich, hier am See Genezareth, und erfüllen mich mit Hoffnung!
In jener Zeit offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal. Es war am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise.
Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus - Zwilling -, Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen. Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.
Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr nicht etwas zu essen? Sie antworteten ihm: Nein.
Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus, und ihr werdet etwas fangen. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es.
Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See. Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot - sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen - und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her.
Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot. Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt. Da ging Simon Petrus und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.
Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch.
Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.