Denn der Geist Jesu lässt uns vor allem eine Wahrheit erkennen: dass wir von Gott geliebt sind, auch in Krankheit und Not, und selbst wenn wir versagt haben. Das ist sein Trost!
Denn der Geist Jesu lässt uns vor allem eine Wahrheit erkennen: dass wir von Gott geliebt sind, auch in Krankheit und Not, und selbst wenn wir versagt haben. Das ist sein Trost!
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 6. Sonntag der Osterzeit,
29. Mai 2011 (Joh 14,15-21)
Vor wenigen Tagen war es genau fünf Jahre her, dass ein lieber Freund tödlich verunglückt ist. Er hinterlässt sechs Kinder im Schulalter, und seine liebe Frau. Und nun ist sie, die Witwe, an Krebs erkrankt. Viele beten für sie. Ich bitte Gott: Lass diese Kinder nicht als Vollwaisen zurück! Hilf, Herr!
„Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen.“ An dieses Versprechen Jesu muss ich denken, wenn ich an diese befreundete Familie denke. Wie Waisen, so verlassen kamen Jesu Jünger sich vor, als er von ihnen gegangen war. Es muss eine große Leere gewesen sein, als er im Grab lag und sie alleine zurückblieben.
Aber es blieb nicht dabei. Da war zuerst das leere Grab. Und dann die Begegnungen mit Ihm, mit Jesus, dem Auferstandenen. Aber auch das ging vorüber. Die Erscheinungen hörten auf. Das Leben ging weiter…bis etwas Neues geschah!
Jesus hatte es versprochen: „Ich werde euch einen anderen Beistand geben, damit er für immer bei euch sei.“ Einen anderen Helfer, Tröster (so kann das Wort auch übersetzt werden), einen Beistand, einen Fürsprecher (andere mögliche Übersetzung): Wer ist er? Was wirkt er? Wie macht er sich bemerkbar?
Die Rede ist vom Geist, vom Heiligen Geist. Ihn hat Jesus versprochen. Weil Jesus ihn geschickt hat, bleiben die Seinen nicht als Waisen zurück. „Wer glaubt, ist nie alleine,“ hat Papst Benedikt gesagt. Jesus ist gegangen, aber er hat uns nicht verlassen. Sein Geist wirkt. Nicht irgendwelche Ideen, die Jesus zurückgelassen hätte, sondern Jemand, den man ansprechen, anrufen, um Hilfe bitte kann: den Heiligen Geist. Wer ist Er?
Ist er der große Unbekannte? Der vergessene Dritte, neben Gott Vater und Gott Sohn? Haben wir den Heiligen Geist vergessen? Sind wir gar „von allen guten Geistern verlassen?“ Jesus nennt ihn den „Geist der Wahrheit“ und sagt von ihm, „die Welt“ könne diesen Geist nicht empfangen, weil sie ihn weder sieht noch kennt.
Was in der Welt zählt ist das, was glänzt und gut ankommt, was Erfolg hat und mächtig ist. Nicht das, was Sache ist. Und doch tut uns die Wahrheit not. „Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar,“ hat die Dichterin Ingeborg Bachmann gesagt. Aber wollen wir sie hören und sehen? Im persönlichen Leben wie in der Politik: lieben wir nicht mehr den Schein?
Wenn es ernst wird hilft nur die Wahrheit. Die Lüge tröstet nicht, sie kann höchstens vertrösten. Die Wahrheit kann hart sein. Sie kann bitter werden, wenn wir lieber den Schein als die Wahrheit wahrhaben wollten. Aber im Ernstfall hat die Wahrheit etwas Befreiendes.
Jesus verheißt uns einen „anderen Beistand,“ den Tröster, den Heiligen Geist. Er lässt uns nicht als Waisen zurück. Der Geist Jesu hilft, nicht in der Lüge, der Selbsttäuschung zu leben. Aber er ist andrerseits nicht der Aufdecker, der brutal und unbarmherzig bloßstellt. Denn der Geist Jesu lässt uns vor allem eine Wahrheit erkennen: dass wir von Gott geliebt sind, auch in Krankheit und Not, und selbst wenn wir versagt haben. Das ist sein Trost!
Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll.
Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird.
Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, sondern ich komme wieder zu euch. Nur noch kurze Zeit, und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich, weil ich lebe und weil auch ihr leben werdet.
An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch. Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.