Täglich muss ich mich entscheiden, ob ich meiner Laune, meiner Unlust, meinem Grant nachgebe oder sie überwinde durch ein freundliches Wort, eine aufmerksame Geste, einen liebevollen Blick. Kleinigkeiten? Gewiss! Aber in Summe machen sie Großes aus.
Täglich muss ich mich entscheiden, ob ich meiner Laune, meiner Unlust, meinem Grant nachgebe oder sie überwinde durch ein freundliches Wort, eine aufmerksame Geste, einen liebevollen Blick. Kleinigkeiten? Gewiss! Aber in Summe machen sie Großes aus.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium 17. Sonntag im Jahreskreis,
24. Juli 2011 (Mt 13,44-52)
Es gibt solche Situationen. Es gibt solche Menschen: einmal alles auf eine Karte setzen, einmal alles riskieren mit vollem Einsatz! Im Wirtschaftlichen etwa: Es bietet sich eine einmalige Chance an, und jemand wagt es, all seine Mittel dafür aufs Spiel zu setzen. Oder in den menschlichen Beziehungen: Jemand gibt alles auf, Arbeitsplatz, Freunde, vertraute Umgebung, um das Leben mit einer geliebten Person zu teilen.
Was Jesus im heutigen Gleichnis anspricht, das sind solche Situationen. Der Mann, der in einem Acker, der nicht ihm gehört, unerwartet auf einen vergrabenen Schatz stößt, ist wohl ein Tagelöhner, ein vom Besitzer angeheuerter Feldarbeiter. Besonders ehrlich ist der gute Mann nicht. Statt dem Eigentümer des Ackers den Fund zu melden, versteckt er ihn wieder, wo er war und lässt den Besitzer in Unwissenheit. Er kratzt alles Geld zusammen, das er durch den Verkauf von seinen Habseligkeiten bekommen kann, und kauft dem unwissenden Bauern seinen Acker ab, samt dem darin verborgenen Schatz.
Anders gelagert ist das zweite Gleichnis. Da geht es um die Sammlerleidenschaft. Dem Perlensammler wird eines Tages eine einzigartige, schöne, große, wertvolle Perle zum Kauf angeboten. In seiner Passion für Perlen kennt er nichts mehr, lässt alle Vernunft fahren, verkauft alles, nur um diese Traumperle zu besitzen.
Ja, es gibt solche Menschen. Im Weltlichen und im Geistlichen: Wagemutige, die alles riskieren, weil sie den Schatz ihrer Träume, die Chance ihres Lebens gefunden haben. Ich kenne solche Menschen, und ich bewundere sie. Ich denke da an Familien, die um des Evangeliums willen alles aufgeben, Haus und sicheren Beruf, um als Missionare irgendwohin in die Welt zu gehen. Für sie ist die Frohe Botschaft Jesu der Schatz, den sie entdeckt haben, die Perle, für die sie alles aufzugeben bereit sind. Und was mich besonders beeindruckt: Diese Familien strahlen Freude aus, leben materiell sehr viel bescheidener, aber sind oft spürbar glücklicher als so manche wohl etablierte Familie.
So überzeugend solche Beispiele sind, sie sind doch eine kleine Minderheit. Wie steht es mit den Vielen, die sich bemühen, Christen in ihrem Alltag zu sein, ohne deshalb gleich radikal alles aufzugeben, sich auf das Abenteuer der Nachfolge Jesu total einzulassen? Und gehöre ich nicht selber eher zu diesen Vielen, die ihr Christsein mit so manchen Kompromissen zu leben versuchen?
Ich hoffe, dass meine Antwort kein fauler Kompromiss ist, sondern in den Augen Jesu Gnade findet. Nicht alle kommen im Leben zu Radikalentscheidungen. Aber alle stoßen wir täglich auf kleine Entscheidungen, die in Summe auch zu einer großen Lebensentscheidung werden. Ein Beispiel: Täglich muss ich mich entscheiden, ob ich meiner Laune, meiner Unlust, meinem Grant nachgebe oder sie überwinde durch ein freundliches Wort, eine aufmerksame Geste, einen liebevollen Blick. Kleinigkeiten? Gewiss! Aber in Summe machen sie Großes aus. Und auch da leuchtet die Freude auf, den Schatz im Acker, die kostbare Perle gefunden zu haben.
In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Schatz, der in einem Acker vergraben war. Ein Mann entdeckte ihn, grub ihn aber wieder ein. Und in seiner Freude verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte den Acker.
Auch ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Als er eine besonders wertvolle Perle fand, verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte sie.
Weiter ist es mit dem Himmelreich wie mit einem Netz, das man ins Meer warf, um Fische aller Art zu fangen. Als es voll war, zogen es die Fischer ans Ufer; sie setzten sich, lasen die guten Fische aus und legten sie in Körbe, die schlechten aber warfen sie weg.
So wird es auch am Ende der Welt sein: Die Engel werden kommen und die Bösen von den Gerechten trennen und in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt. Dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen. Habt ihr das alles verstanden?
Sie antworteten: Ja. Da sagte er zu ihnen: Jeder Schriftgelehrte also, der ein Jünger des Himmelreichs geworden ist, gleicht einem Hausherrn, der aus seinem reichen Vorrat Neues und Altes hervorholt.