Jesus war geduldig mit Petrus. Er ist es mit uns, wenn wir uns schwer tun, zum Leid Ja zu sagen. Aber ohne dieses Ja geht es nicht!
Jesus war geduldig mit Petrus. Er ist es mit uns, wenn wir uns schwer tun, zum Leid Ja zu sagen. Aber ohne dieses Ja geht es nicht!
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium 22. Sonntag im Jahreskreis,
28. August 2011 (Mt 16,21-27)
Es ist schon eigenartig: Kein Apostel kommt im Evangelium so schlecht weg wie Petrus (mit Ausnahme von Judas). Gerade dieser Petrus hat Jesus die oberste Hirtenaufgabe anvertraut.
Wie geht das zusammen? Ich glaube, es hat damit zu tun, dass Jesus seine Gemeinschaft, die Kirche, nicht einem „super“-Menschen anvertrauen wollte, einem perfekten Organisator, einem besonders vollkommenen, mit allen Tugenden ausgerüsteten Vorzeigemann.
Was Petrus so sympathisch macht, sind seine menschlich – allzumenschlichen Reaktionen. Meist geduldig, manchmal (wie heute) energisch weist Jesus ihn zurecht. Aber die Fehler und Schwächen des Petrus hindern Jesus nicht, ihm sein Vertrauen zu schenken: „Weide meine Schafe!“ – so lautet schließlich der Auftrag, den Petrus von Jesus erhält.
In der heutigen Szene geht es recht heftig zu. Jesus macht unmissverständlich klar, dass er auf eine schwere, leidvolle Zeit zugeht. Sie sind auf dem Weg von Galiläa, hinauf nach Jerusalem, dort werde Jesus leiden und schließlich getötet werden. Das ist Petrus zu viel. Eben hatte er feierlich erklärt, er halte Jesus für den verheißenen Messias, den Sohn Gottes. Und jetzt soll dieser Leid und Tod erleben? „ Das soll Gott verhüten! … Das darf nicht mit dir geschehen!“ Mit diesen Worten herrscht Petrus seinen Meister energisch an. Wie menschlich! Wer will schon freiwillig leiden? Und dann auch noch der Messias, der doch endlich alles Leid von der Erde wegnehmen soll.
Dazu hat er seinen Meister zu lieb, um einfach Ja und Amen zu dem bevorstehenden Leid zu sagen. Umso kälter und heftiger ist die Dusche, die Petrus daraufhin bekommt: zu keinem anderen hat Jesus ein so scharfes Wort der Zurechtweisung gesprochen: Weg mit dir, Satan! Stell dich mir nicht in den Weg, bring mich nicht zu Fall, geh„ hinter mich! Du denkst wie die Menschen, nicht wie Gott!
Er nennt seinen eigenen Stellvertreter Satan! Das ist enorm. Hier geht es um’s Ganze. Petrus muss völlig umdenken! Menschlichen Maßstäben entspricht es, dass er Jesus von Leid bewahren will. Und genau das ist nicht der Maßstab Gottes. Petrus hat es gut gemeint – und ist voll daneben getappt.
„Wenn einer mir nachfolgen will, der muss Selbstverleugnung üben, sein Kreuz auf sich nehmen …“ Jesu Rede hat Petrus geschockt. Das macht ihn so sympathisch. Später hat er begriffen, ist Jesus wirklich nachgefolgt und am Kreuz gestorben, im Zirkus des Nero in Rom, dort wo heute der Petersdom steht. Jesus war geduldig mit Petrus. Er ist es mit uns, wenn wir uns schwer tun, zum Leid Ja zu sagen. Aber ohne dieses Ja geht es nicht!
In jenen Tagen begann Jesus, seinen Jüngern zu erklären, er müsse nach Jerusalem gehen und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten vieles erleiden; er werde getötet werden, aber am dritten Tag werde er auferstehen.
Da nahm ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe; er sagte: Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht geschehen!
Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.
Darauf sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.
Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen?
Der Menschensohn wird mit seinen Engeln in der Hoheit seines Vaters kommen und jedem Menschen vergelten, wie es seine Taten verdienen.