Was bleibt, was Bestand hat, das ist der lebendige Tempel: Christus, der gestorben und auferstanden ist. Und alle, die Gott, die Christus in ihrem Leben Raum geben: dort wohnt Gott unter uns!
Was bleibt, was Bestand hat, das ist der lebendige Tempel: Christus, der gestorben und auferstanden ist. Und alle, die Gott, die Christus in ihrem Leben Raum geben: dort wohnt Gott unter uns!
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 3. Fastensonntag,
11. März 2012 (Joh 2,13-25)
Der Stephansdom im Herzen von Wien, im Herzen vieler Österreicher: geliebt, geschätzt, gepflegt. Ohne die vielen Spenden vieler Österreicher für „ihren“ Stephansdom wäre er nur schwer zu erhalten. Ähnlich geht es aber auch „am Land“: Viele der schönen Dorfkirchen könnten nicht erhalten werden ohne die großherzige Mithilfe der Bevölkerung. So manche, die wenig am Gottesdienst teilnehmen, wollen doch, dass „ihre“ Kirche im Dorf erhalten bleibt.
Große, schöne Gotteshäuser gibt es viele in Europa: die Kathedralen, die Klöster, die Wallfahrtsorte. Oft war das ein regelrechter Wettstreit: welche Stadt hat den größeren Dom? Welches Dorf die schönere Kirche? Nicht erst heute gibt es den anderen Wettstreit, den zwischen den Religionen: Wer hat einem größeren Tempel? Die Moschee oder die Kirche? Für manche Religionskritiker gibt das Anlass zur Verachtung der Religionen: Geht es nicht vor allem um Prunk, Macht, Geld und weniger um Gott selber, um echte Religion?
Heute sehen wir im Evangelium einen kritischen, zornigen Jesus, der über die Geschäftemacherei im Tempel in Jerusalem empört ist. Aber was erregt eigentlich seinen Zorn? Die Pracht des Tempels? Das viele Geld, die jahrelange Bautätigkeit, die dieser gewaltige Tempel erfordert hat?
Jesu Kritik richtet sich gegen etwas anderes: „Macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle“. Er nennt den Tempel „Haus meines Vaters“. Schon als zwölfjähriger Bub war er im Tempel zurückgeblieben. Als seine Eltern ihn in sorgenvoller Suche nach drei Tagen fanden, erinnert er sie daran, dass er sich um die Angelegenheiten „meines Vaters“ kümmern muss.
Der Tempel soll wirklich „Gotteshaus“ sein. Deshalb jagt er die Händler und Geldwechsler „zum Tempel hinaus“. Lange werden sie nicht draußen geblieben sein. Sicher standen alle „Standln“ am nächsten Tag wieder da. Und so ist es bis heute. Kein Wallfahrtsort ohne Andenkenhändler. Und von den über fünf Millionen Menschen, die jährlich den Stephansdom besuchen, wie viele kommen herein, um „im Haus meines Vaters“ zu sein? Die Domwächter können davon ein Lied singen, wie schwierig es ist, verständlich zu machen, dass man den Dom nicht eisschleckend oder mit der Bierflasche betritt.
Gibt es einen „Ausweg“ aus dieser oft belastenden Spannung? Wie unsere Gotteshäuser als „Haus des Gebetes“ bewachen, und doch sie denen nicht zu verschließen, die vor allem das Kunstwerk, den prachtvollen Bau sehen wollen?
Jesus zeigt einen „Ausweg“. Er sagt: „Reißt diesen Tempel nieder, in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten“. Damit weist er auf zwei Dinge hin. Jeder noch so schöne von Menschenhand errichtete Tempel, ob Kirche, Moschee oder anderer Art, ist vergänglich. Er mag schön sein, aber er ist nur die äußere Hülle. Was bleibt, was Bestand hat, das ist der lebendige Tempel: Christus, der gestorben und auferstanden ist. Und alle, die Gott, die Christus in ihrem Leben Raum geben: dort wohnt Gott unter uns!
Das Paschafest der Juden war nahe, und Jesus zog nach Jerusalem hinauf. Im Tempel fand er die Verkäufer von Rindern, Schafen und Tauben und die Geldwechsler, die dort saßen.
Er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle aus dem Tempel hinaus, dazu die Schafe und Rinder; das Geld der Wechsler schüttete er aus, und ihre Tische stieß er um.
Zu den Taubenhändlern sagte er: Schafft das hier weg, macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle! Seine Jünger erinnerten sich an das Wort der Schrift: Der Eifer für dein Haus verzehrt mich.
Da stellten ihn die Juden zur Rede: Welches Zeichen lässt du uns sehen als Beweis, dass du dies tun darfst?
Jesus antwortete ihnen: Reißt diesen Tempel nieder, in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten. Da sagten die Juden: Sechsundvierzig Jahre wurde an diesem Tempel gebaut, und du willst ihn in drei Tagen wieder aufrichten? Er aber meinte den Tempel seines Leibes.
Als er von den Toten auferstanden war, erinnerten sich seine Jünger, dass er dies gesagt hatte, und sie glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte. Während er zum Paschafest in Jerusalem war, kamen viele zum Glauben an seinen Namen, als sie die Zeichen sahen, die er tat.
Jesus aber vertraute sich ihnen nicht an, denn er kannte sie alle und brauchte von keinem ein Zeugnis über den Menschen; denn er wusste, was im Menschen ist.