"Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt."
"Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt."
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 19. Sonntag im Jahreskreis,
12. August 2012 (Joh 6,41-51)
Einfach sind diese Worte wirklich nicht, die Jesus damals in der Synagoge von Kapharnaum sprach. Was er sagt, klingt geheimnisvoll und schwer verständlich. Und wenn man es wörtlich nimmt, wird es noch schwieriger: "Ich bin das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist." Ein Mensch, der von sich sagt, er sei Brot, also Lebensmittel. Und er sei nicht von dieser Welt, sondern "vom Himmel herabgekommen".
Da ist es wohl verständlich, dass die Leute gegen ihn murren. Aber statt ihnen zu erklären, was er da sagen will, macht Jesus die Dinge noch rätselhafter: "Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt." Und: "Wenn jemand davon isst, wird er nicht sterben."
Damals, als Jesus so zu den Leuten sprach, haben ihn viele verlassen und gefunden, dass er Unsinniges rede. Davon wird an den beiden nächsten Sonntagen die Rede sein. Aber wenn Jesus sozusagen alles riskiert, seinen Erfolg bei den Menschen aufs Spiel setzt, dann muss ihm das offensichtlich ganz wichtig sein, wichtiger als "bei den Leuten gut anzukommen". Und tatsächlich ist das, was Jesus da versucht seinen Zuhörern anzuvertrauen, so bedeutsam, dass es bis heute eigentlich das Herz, die Mitte, das wichtigste der Kirche ist: die Eucharistie, "das Geheimnis des Glaubens".
In den vielen Kirchen unseres Landes gibt es immer einen geheimen Mittelpunkt. Er wird durch eine rote Lampe, ein kleines flackerndes Flämmchen bezeichnet, das wir "das ewige Licht" nennen, weil es Tag und Nacht brennt. Diese Lampe bezeichnet eine Gegenwart, einen besonderen Platz in der Kirche: den Tabernakel. Und dieser ist der geheime Mittelpunkt der Kirche. Denn nach unserem Glauben wird dort jenes "lebendige Brot" aufbewahrt, von dem Jesus spricht und von dem er sagt, er selber sei dieses Brot.
Das kleine rote Licht bezeichnet den Ort der Gegenwart Jesu in der bescheidenen Gestalt des Brotes, der Eucharistie. Viele Menschen glauben, spüren, erfahren hier die stille Gegenwart Jesu in mitten der Menschen. Im Stephansdom im Herzen Wiens ist täglich von 6 Uhr früh bis 22 Uhr nachts in einer Seitenkapelle "das Allerheiligste ausgesetzt", wie die kirchliche Sprache sagt, das heißt die Hostie, das weiße Stück Brot, das Jesus selber ist, "das Brot des Lebens".
Leicht zu verstehen ist das nicht. Und doch passt es ganz genau zur "Logik" Gottes, zu Seiner Art. Er will uns nahe sein, nicht in unzugänglicher Ferne, in unnahbarer Größe, sondern in der einfachst möglichen Form, als ein Stückchen Brot. Als unser Nahrungsmittel.
Brot ist zum Leben da. Ohne Lebensmittel können wir nicht leben. Jesus sagt den Menschen damals wie heute: Ohne mich könnt ihr nicht ewig leben. Die irdische Nahrung erhält uns am Leben. Und doch müssen wir einmal sterben. Das Brot vom Himmel gibt mehr als die irdische Lebenserhaltung. Ist es nicht schön und sinnvoll, das zu glauben, darauf zu vertrauen?
In jener Zeit murrten die Juden gegen Jesus, weil er gesagt hatte: Ich bin das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist.
Und sie sagten: Ist das nicht Jesus, der Sohn Josefs, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wie kann er jetzt sagen: Ich bin vom Himmel herabgekommen?
Jesus sagte zu ihnen: Murrt nicht! Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zu mir führt; und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag. Bei den Propheten heißt es: Und alle werden Schüler Gottes sein. Jeder, der auf den Vater hört und seine Lehre annimmt, wird zu mir kommen. Niemand hat den Vater gesehen außer dem, der von Gott ist; nur er hat den Vater gesehen.
Amen, amen, ich sage euch: Wer glaubt, hat das ewige Leben. Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. So aber ist es mit dem Brot, das vom Himmel herabkommt: Wenn jemand davon isst, wird er nicht sterben.
Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt.