Jesus zeigt ihnen geduldig, was es heißt, an Seiner Macht Anteil zu bekommen.
Jesus zeigt ihnen geduldig, was es heißt, an Seiner Macht Anteil zu bekommen.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 29. Sonntag im Jahreskreis,
21. Oktober 2012 (Mk 10,35-45)
Was bewog die zwei, Jakobus und Johannes, besondere Plätze im kommenden Königreich Jesu zu erbitten? War es Karrierestreben? Verlangen nach Macht? Nach besonders guten Posten? Die Plätze rechts und links vom König waren zweifelslos damals die höchsten Ehrenplätze, die einflussreichsten Stellungen. Der Evangelist Matthäus berichtet, die Mutter der beiden habe Jesus diese Bitte vorgetragen. Das macht die Sache noch verständlicher: Welche Mutter wünscht sich nicht, dass ihre "Buben" Karriere machen, im Leben erfolgreich sind?
Karriere machen: Das ist bis heute ein starker Antrieb im Leben. Erfolg im Beruf, im Leben gehört zu den mächtigsten Zielen, die uns antreiben. Ohne ein solches Streben gibt es keine erfolgreichen Sportler, keine wirtschaftliche oder politische Karriere. Und auch in der Kirche fehlt es nicht an Karrieredenken. Das zeigt schon die heutige Szene aus dem Leben der Apostel.
Manche Psychologen sagen, der stärkste Antrieb zum Karrieremachen sei das Streben nach Macht. Selber bestimmen und nicht von anderen bestimmt werden, herrschen und nicht beherrscht werden: Das sei der Grund, warum so viel nach Macht gegiert werde. Hat dieses Verlangen auch die beiden Apostel bewogen Jesus um "Machtpositionen" zu bitten?
Erstaunlich ist, dass Jesus dieses Karrierestreben nicht einfach verurteilt. Ganz nüchtern sagt er nur: "Ihr wisst nicht, um was ihr da bietet." Jakobus und Johannes sehen nur den Glanz der Macht. Noch haben sie nicht verstanden, dass damit auch eine Bürde verbunden ist. Viele, die nach Macht, Erfolg, Aufstieg streben, meinen, dass es "oben" dann ganz leicht und schön sein wird. Sie ahnen meist nicht, dass das viele unerwartete Lasten, Sorgen und Konflikte mit sich bringt. Und viel Neid und Eifersucht, Gerangel und Streit.
Jesus zeigt ihnen geduldig, was es heißt, an Seiner Macht Anteil zu bekommen. Wer mit Ihm herrschen will, muss seinen Becher trinken und seine Taufe empfangen. Mit diesen beiden Bildern spricht Jesus von dem, was seine "Karriere" ausmacht: Den Becher des Leidens und die Taufe des Todes annehmen. In ihrer jugendlichen Begeisterung sagen sie Ja zu Jesu "Karriereweg". Und tatsächlich haben sie für Ihn und Sein Evangelium später ihr Leben gegeben.
Die Eifersucht der anderen konnte nicht ausbleiben. Die zehn anderen Apostel regen sich darüber auf, dass die beiden sich bei Jesus wichtigmachen und besondere Posten wollen. Wie menschlich, allzu menschlich ging es schon unter den Aposteln zu. Mich wundert es nicht, dass es in der Kirche bis heute oft "menschelt".
Aber dabei soll, ja darf es nicht bleiben: "Bei euch soll es nicht so sein!" Was Jesus als Regel für seine Kirche formuliert, gilt im Grunde für alle, die irgendwie Macht haben: Sie dient dazu, anderen zu dienen. Tut sie das nicht, dann nennen wir das "Machtmissbrauch". Und der ist arg, wo immer er geschieht.
In jener Zeit traten Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, zu ihm und sagten: Meister, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst. Er antwortete: Was soll ich für euch tun? Sie sagten zu ihm: Lass in deinem Reich einen von uns rechts und den andern links neben dir sitzen.
Jesus erwiderte: Ihr wisst nicht, um was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde?
Sie antworteten: Wir können es. Da sagte Jesus zu ihnen: Ihr werdet den Kelch trinken, den ich trinke, und die Taufe empfangen, mit der ich getauft werde. Doch den Platz zu meiner Rechten und zu meiner Linken habe nicht ich zu vergeben; dort werden die sitzen, für die diese Plätze bestimmt sind.
Als die zehn anderen Jünger das hörten, wurden sie sehr ärgerlich über Jakobus und Johannes. Da rief Jesus sie zu sich und sagte: Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen.
Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein.
Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.