Die Taufe ist ein Bad der Reinigung und der Wiedergeburt.
Die Taufe ist ein Bad der Reinigung und der Wiedergeburt.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am Hochfest Taufe des Herrn,
13. Jänner 2013 (Lk 3,15-16.21-22)
Wenn man Statistiken trauen kann, so wünschen sich 80 Prozent der Österreicher, dass Österreich "ein christliches Land" bleibt. Christ wird man zuerst einmal durch die Taufe. Etwa 85 Prozent der in Österreich lebenden Menschen sind Getaufte. Von ihnen sind etwa 78 Prozent Mitglieder einer der christlichen Kirchen, vor allem Katholiken, aber auch evangelische, orthodoxe und altorientalische (das heißt koptische, syrische, armenische) Christen. Von jenen etwa 12 Prozent Österreichern, die "ohne religiöses Bekenntnis" sind, haben viele die Taufe empfangen, meist als Kinder, auch wenn sie später aus ihrer Kirche ausgetreten sind.
Heute feiert die Kirche die Taufe dessen, mit dem alles begonnen hat: Die Taufe Jesu im Jordan durch Johannes den Täufer. Es ist ein langer Weg von dieser ersten Taufe hin zur heutigen Situation. Warum ließ sich Jesus damals taufen? Warum hat er seinen Jüngern den Auftrag gegeben, in alle Welt hinaus zu gehen und die Menschen zu taufen? Und was bedeutet es heute, getauft zu sein? Warum wollen Eltern, dass ihre Kinder getauft werden? Und warum wollen zunehmend Eltern, dass ihre Kinder später selber entscheiden sollen, ob sie getauft werden wollen? Warum wollen erstaunlich viele Eltern, die selber aus der Kirche ausgetreten sind, für ihre Kinder die Taufe? Und was bewegt von Jahr zu Jahr mehr ungetaufte Erwachsene, für sich von der Kirche die Taufe zu erbitten?
Alle diese Fragen bewegen mich, wenn ich die Szene des heutigen Evangeliums betrachte. Ich versuche mich in die damalige Zeit hineinzuversetzen und frage mich: Was bewirkt eigentlich die Taufe? Was macht sie mit denen, die sie empfangen? Was hat die Taufe für mein eigenes Leben bewirkt, damals, als ich schon am zweiten Tag nach meiner Geburt, in den Wirren des Kriegsendes, getauft wurde?
Johannes der Täufer sagt, Jesus werde die Menschen nicht nur mit Wasser taufen, sondern "mit dem Heiligen Geist und mit Feuer". Zum Ritus der Taufe gehört das Wasser. Wörtlich bedeutet "baptizein", "taufen": "Untertauchen im Wasser". In manchen christlichen Kirchen wird daher nicht nur etwas Wasser über den Kopf des Täuflings gegossen, sondern der ganze Leib untergetaucht. Damit soll die Wirkung der Taufe bezeichnet werden. Sie ist ein Bad der Reinigung und der Wiedergeburt. Der "alte Mensch" mit seinen Fehlern und Sünden soll begraben werden, der neue Mensch soll aus dem Wasser wie aus dem Tod auferstehen.
Über Jesus hat sich bei seiner Taufe der Himmel geöffnet und Gottes Stimme erklärte: "Du bist mein geliebter Sohn". Das ist bis heute der Sinn der Taufe: Sie legt den Samen eines neuen, göttlichen Lebens in den Neugetauften. Über ihm soll der Himmel offen sein. Gott sagt dem Getauften: Du bist mein geliebtes Kind! Es ist zwar sonderbar, aber nicht verwunderlich, dass selbst Ausgetretene so etwas für ihr Kind erhoffen. Aber es ist auch die Frage berechtigt: Was haben wir, die vielen getauften Österreicher, was habe ich selber aus diesem göttlichen Samen in meinem Leben gemacht?
In jener Zeit war das Volk voll Erwartung, und alle überlegten im Stillen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Messias sei.
Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort: Ich taufe euch nur mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.
Zusammen mit dem ganzen Volk ließ auch Jesus sich taufen.
Und während er betete, öffnete sich der Himmel, und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.