Zuverlässigeres als die Zusage Jesu gibt es auch heute nicht.
Zuverlässigeres als die Zusage Jesu gibt es auch heute nicht.
Gedanken von Kardinal Christoph Schönborn
zum Evangelium am 3. Sonntag im Jahreskreis,
27. Jänner 2013 (Lk 1,1-4; 4,14-21)
Zuverlässigkeit ist gefragt. In allen Bereichen des Lebens. An erster Stelle in den menschlichen Beziehungen. Können wir uns aufeinander verlassen? Gilt das Wort? Halten die Zusagen? Haben Versprechen Bestand? Zuverlässigkeit wird zu Recht im Berufsleben erwartet, in der Arbeit, im Umgang mit Aufträgen und Dienstleistungen. Zuverlässigkeit in der Politik ist heute vielfach in Frage gestellt. Wem kann man vertrauen? Wer ist glaubwürdig? Sind es die Medien? Sind es die Nachrichten?
Um Zuverlässigkeit der Nachrichten geht es auch dem Evangelisten Lukas, wie er im kurzen Vorwort zu seinem Evangelium schreibt. Warum ist ihm da so wichtig? Um eine möglichst genaue Lebensgeschichte Jesu zu schreiben? Eine zuverlässige Jesus-Biographie? Sicher ist es interessant, gut dokumentierte, glaubwürdige Biographien großer Persönlichkeiten lesen zu können. Aber ist es dann so wichtig, dass alle Einzelheiten „zuverlässig“ genau und richtig dargestellt werden?
Für Lukas ist es das. Nicht um historische Neugierde zu befriedigen, nicht um eine spannende Geschichte erzählen zu können, ist ihm die Zuverlässigkeit des Berichts so wichtig, sondern weil es in der Geschichte Jesu um Entscheidendes geht, um persönliche Entscheidung. Es geht schlicht um die Frage: Kann ich mich auf die Lehre dieses Jesus einlassen? Ist sie mir glaubwürdig? Stellt sie einen tragfähigen Grund dar, auf den es sich lohnt, mein Leben zu bauen? Theophilus, dem Lukas sein Evangelium widmet, soll wissen, worauf er sich einlässt, wenn er sich dazu entschließen sollte, ein Anhänger Jesu zu werden.
Lukas selber hat diese Entscheidung für sich treffen müssen. Er war ja selber kein Augenzeuge der Ereignisse um Jesus. Er ist durch andere zum Glauben gekommen, vielleicht durch Paulus. Die Zeugen, die ihm von Jesus erzählt haben, müssen für ihn überzeugend gewesen sein. Er hielt das, was er von ihnen gehört hat, für zuverlässig.
Lukas war von Beruf Arzt. Er war also gewohnt, Menschen zu befragen, sich ihre Krankheiten genau anzusehen. So entschloss er sich, selber „allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen“ und die, „die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren“, zu „interviewen“, um einen zuverlässigen Bericht über Jesus zustande zu bringen. Kein Zweifel, das ist ihm hervorragend gelungen. Sein Evangelium spricht noch heute eine überzeugende Sprache.
Das Bild von Jesus, das Lukas nach all seinen Erkundungen festhält, ist in den Worten zusammengefasst, die Jesus in seiner Heimat, in Nazareth, in der Synagoge aus der Bibel vorlas: „Der Geist des Herrn ruht auf mir … Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe“, den Gefangenen Entlassung, den Blinden das Augenlicht …
Damals sagte Jesus seinen Zuhörern: Das, was ich eben vorgelesen habe, hat sich heute erfüllt. Lukas kam zur Überzeugung, dass das zuverlässig stimmt. So war es. Und so ist es bis heute. Zuverlässigeres als die Zusage Jesu gibt es auch heute nicht.
Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat. Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren.
Nun habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen, um es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben. So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest.
Jesus kehrte, erfüllt von der Kraft des Geistes, nach Galiläa zurück. Und die Kunde von ihm verbreitete sich in der ganzen Gegend. Er lehrte in den Synagogen und wurde von allen gepriesen. So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war, und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge.
Als er aufstand, um aus der Schrift vorzulesen, reichte man ihm das Buch des Propheten Jesaja. Er schlug das Buch auf und fand die Stelle, wo es heißt: Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.
Dann schloss er das Buch, gab es dem Synagogendiener und setzte sich. Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet.
Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.